9. Januar 2025
«SANDRA KNECHT. HOME IS A FOREIGN PLACE»
Ausstellung Kulturstiftung Basel H. Geiger | KBH.G, vom 10. Januar bis am 27. April 2025
Bild: Ausstellungsansicht, «Home Is a Foreign Place» – Sandra Knecht, Kulturstiftung Basel H. Geiger, 2025 – Foto: © Kulturstiftung Basel H. Geiger | KBH.G
Die Schweizer Künstlerin Sandra Knecht (*1968 in Zürich, lebt und arbeitet in Buus/BL) beschäftigt sich seit einem Jahrzehnt mit der Erforschung des Begriffs Heimat. Für Knecht ist Heimat ein fliessendes Konzept, das ständig neu verhandelt werden muss, das sowohl individuell als auch vergänglich ist. Ihre Kunst untersucht, was Heimat als unbekannter Ort in geografischer, historischer, soziologischer, philosophischer und kulinarischer Hinsicht bedeutet.
Die Ausstellung Home Is a Foreign Place in der Kulturstiftung Basel H. Geiger | KBH.G thematisiert Heimat auf vielfältige Weise – als Gefühl, Ort und Vorstellung. Sie zeigt, wie sich das Verständnis von Heimat verändert und wie tief es in die menschliche Existenz eingreift. Die Werke basieren auf über zehn Jahren intensiver Recherche und künstlerischer Arbeit, in denen Knecht konsequent ihre Auseinandersetzung mit den Themen Heimat, Identität und Diversität vertieft hat. Home Is a Foreign Place stellt die konzentrierte Kulmination von Sandra Knechts Schaffen dar und ist ihre bisher grösste Einzelausstellung.
Bild: Ausstellungsansicht, «Home Is a Foreign Place» – Sandra Knecht, Kulturstiftung Basel H. Geiger, 2025 – Foto: © Kulturstiftung Basel H. Geiger | KBH.G
Sandra Knecht‘s persönlicher Weg zur Kunst entspricht wie ihre Arbeit nicht der Norm. 2011 begann sie ihr Studium der Bildenden Kunst, nachdem sie zuvor über zwei Dekaden als Sozialpädagogin gearbeitet hatte. Ihre Arbeit führte sie oft in die Küchen der betrauten Familien, wo sie gemeinsam kochten und im Austausch kulinarischer Traditionen Brücken bauten. Diese Erfahrungen nähren ihre künstlerische Praxis. Knecht‘s Forschung ist immer langfristig und materialisiert sich in unterschiedlichen Formaten: Installation,
Archiv, Fotografie, Poesie, Video, Klang, Performance, Skulptur und Kulinarik.
Das Leben in Buus, einem kleinen Dorf, das Sandra Knecht mit ihrer Partnerin und vielen Tieren teilt, ist untrennbar mit ihrem künstlerischen Schaffen verbunden. «Alle Pflanzen und Tiere sind bereits in irgendein Kunstwerk integriert worden. Sie leben hier bei uns weiter, bis sie sterben», sagt Knecht. Für sie sind die Lebewesen essenzielle Akteur:innen ihrer Kunst. Das Zusammenleben mit den Tieren im Dorf ist ihr lebendiges Studio. Seit 2014 dokumentiert Knecht in der Langzeit-Recherche My Land Is Your Land (2014–heute), einer Serie aus 20‘000 Fotografien, die sie auf ihrem Facebook-Account veröffentlicht hat. Eine umfassende und niemals zuvor präsentierte Auswahl dieser Bilder wird in der Ausstellung gezeigt. Die Fotografien sind Zeit- und Stimmungsdokumente, und zugleich Aufnahmen, die das gemeinsame Leben in Buus und die alltägliche Beziehung zwischen Mensch und Tier festhalten.
Bild: Ausstellungsansicht, «Home Is a Foreign Place» – Sandra Knecht, Kulturstiftung Basel H. Geiger, 2025 – Foto: Kulturstiftung Basel H. Geiger | KBH.G
Ein wichtiger Aspekt in Sandra Knechts Œuvre ist die kulinarische Performance, in der sie mehr als nur Gerichte kreiert – sie schafft performative Kunstwerke als soziale Skulpturen. Für Home Is a Foreign Place
hat Knecht insgesamt 32 Geschmacksprofile komponiert. Intime Porträts, die jeweils einer Künstlerin gewidmet sind, die sie in ihrem Denken und in ihrer Sichtweise auf die Welt sowie ihrer eigenen Position darin herausgefordert hat. Deren Werke werden so zu Sandras Heimat.
Zum Beispiel das Geschmacksprofil von Nan Goldin: ein Zuckerwürfel, mit 20 Tropfen selbstgebranntem und rezeptiertem Bitterschnaps. Weitere Künstlerinnen sind Patti Smith, Virginie Despentes, PJ Harvey, Etel Adnan und Ana Mendieta. Knechts Vorstellung bei der Auswahl dieser Künstlerinnen war, dass sie alle an einem Tisch sitzen und sich austauschen, währenddessen sie die Gerichte zu sich nehmen. Die Geschmacksprofile sind als Rezept-Plakate im Buch zur Ausstellung zu finden. In diesen eigenen Rezepturen wird das Geschmacksprofil zu einem «Werk im Werk», das Knechts künstlerische Essenz spiegelt und die komplexe Beziehung zwischen Kunst, Identität, Erinnerung und Humor verkörpert.
Bild: Sandra Knecht, Tschinn, 2023 – Foto: Courtesy of the artist
Home Is a Foreign Place fordert auf, sich auf die Suche nach dem Unbekannten in uns selbst zu machen. Das Essen ist für Sandra Knecht eine Grenzüberschreitung, bedeutet Hingabe und ist eine sinnliche Aktivität. Im Essen verbinden wir uns mit dem Anderen. Es ist ein Prozess der permanenten Auflösung von Grenzen zwischen Innen und Aussen, Selbst und Anderem, Natur und Kultur.
Das Buch ist ein zentrales Medium in Sandra Knechts Praxis – ein lebendiges Archiv, das ihr umfassendes Schaffen dokumentiert. Die Publikation zur Ausstellung Home Is a Foreign Place vereint Selbstporträts, Fotos, Mixtapes, Texte, Interviews sowie die Geschmacksprofile und Biografien der Künstlerinnen, die Knecht beeinflussen. Dieses Archiv wird auch in der Ausstellung selbst physisch erfahrbar: Spezifische Arbeiten und Objekte dieser Künstlerinnen sind zu sehen. Sie machen Knechts Suche nach Heimat greifbar und vertiefen die Auseinandersetzung mit Themen wie Schmerz, Sehnsucht, Gemeinschaft, Verantwortung und Nachhaltigkeit.
Home Is a Foreign Place ist ein Gesamtkunstwerk, das Knechts künstlerische Praxis vielschichtig präsentiert und die Besucher:innen in die Auseinandersetzung mit dem Fremden und Eigenen treibt.
Bild: Sandra Knecht, Babel, 2021 – Foto: © Tina Sturzenegger
Über Sandra Knecht
In ihrer künstlerischen Praxis greift die Schweizer Künstlerin Sandra Knecht (*1968 in Zürich, lebt und arbeitet in Buus/Kanton Baselland) das Konzept der Heimat auf und erforscht es unter dem Aspekt des Unvertrauten. Dabei geht sie sowohl ihrer eigenen Familiengeschichte als auch dem Begriff der Heimat auf den Grund. Knecht betreibt ihre langfristige Forschung durch verschiedene Medien wie Installation, Archiv, Fotografie, Video, Klang, Performance und Kulinarik. Ihr vielschichtiges Œuvre basiert auf zehn Jahren
transdisziplinärer Forschung zum Heimatbegriff. In ihrem Werk entwickelt die Künstlerin einzigartige soziale Skulpturen, die von Dinnerpartys und Performancekunst bis hin zur Konzeption und Realisation von Kunstwerken, Ausstellungen und Buchprojekten reichen.
Sandra Knecht wurde 2022 mit dem Swiss Art Award ausgezeichnet, 2017 für den Swiss Performance Award nominiert. Im selben Jahr war sie Teil des Salon Suisse an der Biennale in Venedig. Zu einer ihrer jüngsten Ausstellungen zählt Landscapes of Desire bei der 4th Industrial Art Biennal in Kroatien (2023), während weitere Ausstellungen im Kunsthaus Zürich und im Kunsthaus Baselland stattfanden. 2024 absolvierte sie eine Residenz bei der Fundación Casa Wabi in Oaxaca, Mexiko, und 2023 eine beim Atelier Mondial in Berlin. Publikationen über ihr Werk erschienen unter anderem im Rahmen der Ausstellung Paul Klee y los secretos de la naturaleza bei der Fundació Joan Miró in Barcelona. Ihre Monografie Sandra Knecht; Babel ist 2021 beim Christoph Merian Verlag, Basel, erschienen. Im selben Jahr wurde ihr Cahier
d’Artistes von Pro Helvetia (Edizioni Periferia Luzern/Poschiavo) veröffentlicht.
kbhg
Kontakt:
https://www.kbhg.ch/de/1430d/Ausstellungen-HOME-IS-A-FOREIGN-PLACE
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Bild: Sandra Knecht, Kunstbetrieb Münchenstein, Kulturstiftung Basel H. Geiger, 2024 – Foto: © Kulturstiftung Basel H. Geiger | KBH.G
Kommentare von Daniel Leutenegger