3. Februar 2025
«SEHEND DENKEN. 100 JAHRE LUCIUS + ANNEMARIE BURCKHARDT»
Ausstellung in der Hauptbibliothek der Universität Basel, bis am 13. August 2025

Bild: Annemarie und Lucius Burckhardt vor ihrem Haus im Gellert-Quartier. Sie stammten beide aus wohlhabenden Basler Familien – Foto: Nachlass Lucius und Annemarie Burckhardt, UB Basel.
Er setzte sich öffentlichkeitswirksam für den Erhalt der Basler Altstadt ein, gemeinsam bekämpften sie den Bau der Nordtangente; sie wirkte im Basler Heimatschutz, er im Werkbund; sie zog in den Grossen Rat ein für die Grüne Alternative Basel, eine Partei, die er mitgegründet hatte; er arbeitete an Hochschulen im In- und Ausland und etablierte, von ihr unterstützt, die Spaziergangswissenschaft: Lucius Burckhardt (1925–2003) und Annemarie Burckhardt-Wackernagel (1930–2012) waren ein bemerkenswertes Basler Intellektuellen-Paar.

Bild: Lucius Burckhardt spricht an einer Kundgebung 1989 gegen den Bau der Basler Nordtangente – Foto: Nachlass Lucius und Annemarie Burckhardt, UB Basel
Im Jahr 2025 wäre Lucius Burckhardt 100 Jahre alt geworden. Sei es als Chefredaktor der Zeitschrift «Das Werk», sei es als Hochschullehrer oder Publizist von Meinungskolumnen: Zeitlebens beschäftigte ihn, wie wir unsere Städte und Landschaften wahrnehmen und gestalten, aber auch, wie wir sie pflegen und schützen können. Stets im fachlichen Austausch mit und unterstützt von seiner Frau Annemarie Burckhardt-Wackernagel. Dem fruchtbaren Zusammenwirken der beiden prägenden öffentlichen Persönlichkeiten ist bis am 13. August 2025 eine Ausstellung an der Universitätsbibliothek Basel gewidmet.

Bild: Lucius Burckhardt kritisierte die Omnipräsenz des Autos auch in seinen Aquarellen – Foto: Nachlass Lucius und Annemarie Burckhardt, UB Basel
Lucius Burckhardt unterrichtete an diversen Hochschulen im In- und Ausland, darunter die ETH Zürich und die damalige Gesamthochschule Kassel (BRD). Als ausgebildeter Nationalökonom und Soziologe arbeitete er an vielen Schnittstellen, darunter Architektur, Planung, Design, Literatur- und Kunstwissenschaft sowie zeitgenössische Kunst. Neugierig, kreativ und ohne Scheu davor, auch unbequem zu sein, beschäftigte sich das Paar mit unserer Wahrnehmung von städtischer genauso wie ländlicher Umwelt.
Und sie leiteten an zu bewusstem Sehen, zu genauem (Auf-)Zeigen und zum Nachdenken über Muster und Gewohnheiten – die eben nie selbstverständlich sind, sondern immer eine Geschichte und kulturelle Prägung haben.
Mit ihrer Herangehensweise etablierten sie ein eigenes Fach, die sogenannte «Spaziergangswissenschaft», bei der sie intellektuelle Reflexion mit der Wahrnehmung und Bewegung im Raum verbanden.

Bild: Mit Studierenden inszenierte Lucius Burckhardt 1993 in Kassel die Aktion «das Zebra streifen». Sie rollten den Zebrastreifen an beliebiger Stelle aus und setzten sich über die geltenden Verkehrsregeln hinweg – Foto: Nachlass Lucius und Annemarie Burckhardt, UB Basel.
Engagement für die Basler Stadtplanung und Verkehrspolitik
Ihre kritische Beschäftigung mit der menschlichen Nutzung und Gestaltung von Raum bezog sich stets auch auf ihre Heimatstadt Basel. Ihr blieben sie immer eng verbunden. Annemarie Burckhardt war jahrelang im Basler Heimatschutz aktiv. Lucius Burckhardt wehrte sich schon als Student Ende der 1940er-Jahre gegen eine Verkehrsschneise durch die Basler Altstadt und trat in den 1980er-Jahren als vehementer Gegner der Nordtangente-Autobahn auf. Beide gehörten 1987 zu den Mitgründer:innen der Grünen Alternative Basel; Annemarie Burckhardt nahm in den 1990er-Jahren für die Partei Einsitz im Grossen Rat.
Die Ausstellung ist ein Streifzug durch das breite Schaffen des Ehepaars Burckhardt. Sie zeigt zahlreiche Fotos, Schriften und Objekte aus ihrem umfassenden Nachlass, der seit 2012 an der Universitätsbibliothek Basel aufbewahrt wird. Die Ausstellungsobjekte widerspiegeln auch die spielerisch-ironische Art, mit der Annemarie und Lucius Burckhardt Kritik übten. In Audio-Installationen ist Annemarie Burckhardt zu hören, wie sie sich in Interviews mit Soziologieprofessor Ueli Mäder 2011/2012 an ihr Leben mit Lucius erinnerte. Auch Wegbegleiterinnen kommen in der Ausstellung zu Wort.
Die Ausstellung ist eine Kooperation des Vereins Veranstaltungen zum 100. Geburtstag von Lucius Burckhardt 2025 in Zusammenarbeit mit der Universitätsbibliothek Basel. Kuratiert wurde sie von der Storie Kulturagentur, Basel, die Szenografie stammt von Elena Antoni aus Basel.
ub
Kontakt:
https://ub.unibas.ch/de/ausstellungen/burckhardt

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Heft 1/2-2025 von «werk, bauen+wohnen»:
Die Burckhardts
Annemarie und Lucius Burckhardt
Angesicht heute drängender Aufgaben wie der Energielandschaften, dem Autobahnbau, dem Wohnungsnotstand, der Partizipation an Planung oder dem Grün in der Stadt ist das Wirken von Annemarie und Lucius Burckhardt hochaktuell. Deshalb widmet «werk, bauen+wohnen» dem nonkonformistischen Denken des Paars mit wachem Geist, offenem Blick und beissender Ironie ein Heft. Darin liegen mehrere Fährten aus, die die Breite ihres Wirkens illustrieren. Das Heft macht den massgeblichen Anteil von Annemarie Burckhardt an der ungeheuren Ideen- und Textproduktion sichtbar, der oft vergessen geht. In seiner Zeit als Redaktor dieser Zeitschrift hat Lucius Burckhardt ab den 1960ern die Debatten der Architektur beeinflusst. Aber auch die politischen Aktionen der beiden, ihr Widerstand gegen den Abriss des alten Theaters in Basel oder die innovative Lehrtätigkeit kommen zur Sprache.
Das Heft begleitet die Ausstellung über die Burckhardts in der Universitätsbibliothek Basel, wo auch der Nachlass des Paars liegt.
wbw
Kontakt:
https://www.wbw.ch/de/heft/aktuelle-ausgabe/

Bild: © https://www.wbw.ch/de/heft/aktuelle-ausgabe/
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Kommentare von Daniel Leutenegger