13. September 2011
«Der Bücherwurm des Jahrhunderts» (FAZ) ist gestorben
Daniel Keel (Bild), geboren am 10. Oktober 1930 in Einsiedeln, ist heute Morgen, Dienstag, 13. September 2011, an seinem Wohnsitz in Zürich gestorben.
Foto: Diogenes Verlag
1952 gründete Daniel Keel den Diogenes Verlag, den er über die folgenden sechs Jahrzehnte zusammen mit seinem Geschäftspartner Rudolf C. Bettschart aktiv bis zuletzt leitete.
Seine Frau Anna, die er 1962 heiratete, und die ein Jahr vor ihm verstarb, war Malerin. Sie hinterlassen zwei Söhne, Jakob (1966) und Philipp (1968).
Zu seinem 80. Geburtstag im letzten Oktober erschien Lustig ist das Verlegerleben. Briefe von und an Daniel Keel. Diese Briefesammlung erzählt eine sehr persönliche Verlagsgeschichte, gewährt einen eigenwilligen Einblick in den Verlegerberuf und skizziert zugleich ein Charakterbild von Daniel Keel.
Der Börsenverein des Deutschen Buchhandels zeichnete die Diogenes Verleger im Juni dieses Jahres «für ihr grosses Engagement» mit der «Friedrich Perthes-Medaille» aus. Daniel Keel wurde zudem kürzlich zum «Chevalier dans l’Ordre des Arts et des Lettres» ernannt.
«Jede Art zu schreiben ist erlaubt –
nur die langweilige nicht»
Bei Diogenes, dem grössten rein belletristischen Verlag Europas, ist dieser Leitsatz von Voltaire seit über 57 Jahren Programm. In einer Gesamtauflage von fast 190 Millionen Exemplaren sind bisher über 5’800 Titel erschienen, von denen über 2’000 noch heute lieferbar sind. Klassiker wie Montaigne, Shakespeare, Molière, Flaubert, Stendhal, Balzac, Dickens, Tolstoi, Cechov; moderne Klassiker wie Georges Simenon, William Faulkner, F. Scott Fitzgerald, George Orwell, Carson McCullers, Patricia Highsmith; Bestsellerautoren wie John Irving, Paulo Coelho, Donna Leon; nicht weniger erfolgreiche deutschsprachige Autoren wie Alfred Andersch, Friedrich Dürrenmatt, Urs Widmer, Hugo Loetscher, Ingrid Noll, Jakob Arjouni, Erich Hackl, Bernhard Schlink, Doris Dörrie, Martin Suter und Patrick Süskind.
Letzterer schrieb mit seinem Roman Das Parfum den grössten deutschsprachigen Bucherfolg nach Erich Maria Remarques Im Westen nichts Neues. Die Auflage nach acht Wochen betrug 115’000 Exemplare, heute sind es über 5 Millionen. Das Buch stand zehn Jahre lang auf der Spiegel-Bestsellerliste, weltweit wurden in 47 Sprachen über 16 Millionen Exemplare verkauft.
Der grösste deutsche Bucherfolg im englischsprachigen Raum war nach dem Parfum wieder ein Diogenes-Buch: Bernhard Schlinks Der Vorleser, der auch im Ausland auf den Bestsellerlisten stand. Das Buch wurde bereits in 40 Sprachen übersetzt, wird in Hollywood verfilmt und schaffte es 1999 als erster deutscher Roman auf Platz 1 der New York Times-Bestsellerliste.
Das Verlagsprogramm wurde gestaltet von Daniel Keel, der mit seinem ersten Buch 1952 den Grundstein für den Diogenes Verlag legte (Eintrag ins Handelsregister 1954). Zwei Jahre später stiess sein Schulfreund Rudolf C. Bettschart als Geschäftspartner dazu, der bis heute die Finanzen betreut.
Neben Belletristik erscheinen auch Kunst- und Cartoonbände sowie Kinderbücher, die das Programm in den ersten Verlagsjahren prägten. Bekannte Autoren sind Loriot, Sempé, Paul Flora, F. K. Waechter, Tomi Ungerer und Maurice Sendak.
1971 erschienen die ersten Diogenes Taschenbücher, kurz detebe genannt, in denen die Backlist des Verlags gepflegt wird, denn verlegerische Absicht war immer, nicht einzelne Bücher, sondern Autoren und möglichst ihr Gesamtwerk herauszugeben und lieferbar zu halten. Neben der zeitgenössischen Literatur ist die Reihe bekannt für ihre Kriminalromane, die von Dashiell Hammett, Raymond Chandler, Eric Ambler, Patricia Highsmith, Georges Simenon bis Jakob Arjouni die «Crème de la crème der Krimi-Autoren» (FAZ) vereint.
Die detebe-Klassiker sind die grösste Klassiker-Sammlung im deutschsprachigen Taschenbuch. Einige Höhepunkte aus über 25 Jahren detebe: Balzacs Menschliche Komödie in 40 Bänden in der Bordeaux-Kiste, vollständige Neuedition der Zürcher Schopenhauer-Ausgabe in 11 Bänden und die grösste nichtrussische Cechov-Ausgabe in 23 Bänden.
Diogenes betreut auch wichtige Theaterrechte wie die von Friedrich Dürrenmatt, Slawomir Mrozek, der deutschen Molière-Übersetzung von Hans Weigel und Patrick Süskinds Kontrabass. Ausserdem vertritt der Verlag die Weltrechte an den Werken verschiedener fremdsprachiger Autoren, zum Beispiel die von Patricia Highsmith, Andrzej Szczypiorski, Leon de Winter, Donna Leon, Viktorija Tokarjewa, Magdalen Nabb, Tomi Ungerer, Andrej Kurkow und Petros Markaris.
«Statt eintönig Bestseller zu vermarkten, setzt der Diogenes Verlag auf individuelle Lesebedürfnisse. Ergebnis: Das Haus ist erfolgreicher denn je» (Stern, Hamburg).
Der Diogenes Verlag wurde im Jahr 2010 zum zehnten Mal von den deutschsprachigen Buchhändlerinnen und Buchhändlern zum Verlag des Jahres gewählt. 2006 war Diogenes zum neunten Mal der erfolgreichste Belletristik-Verlag des Jahres, ermittelt vom Branchenmagazin Buchreport aufgrund der Spiegel-Jahresbestsellerliste.
Seit 2005 gibt der Diogenes Verlag auch Hörbücher heraus – Lesungen neuer Werke von Diogenes Autoren und moderne Klassiker aus der über fünfzigjährigen Verlagsgeschichte, gelesen von hochkarätigen Sprechern wie Hans Korte, Christian Brückner, Rufus Beck, Heike Makatsch, Jan Josef Liefers oder Gert Heidenreich.
«Am zuverlässigsten fasziniert Diogenes. Da ist das Hörbuch-Programm keine Entdeckung mehr, sondern ein Triumph. Unter Händlern und Konkurrenten heisst es längst anerkennend, Diogenes sei ‹die Perle der Branche›.» (Berliner Zeitung)
Quelle: http://www.diogenes.ch/leser/aktuell/news/723
Ein Freund der Autoren
Roman Bucheli auf «NZZ Online»:
Jetzt fehlt er ganz einfach
Der Schweizer Bestsellerautor Urs Widmer erinnert sich an seinen Verleger und Freund. Interview von Daniel Arnet auf «Tages-Anzeiger online»:
http://www.tagesanzeiger.ch/kultur/buecher/Jetzt-fehlt-er-ganz-einfach/story/28040098
Zwischen E und U passt immer noch ein D:
Dafür sorgt der Diogenes Verlag. Jetzt ist sein Gründer und Leiter gestorben: Zum Tod von Daniel Keel, der mit viel Enthusiasmus einen der erfolgreichsten Buchverlage der letzten sechzig Jahre geführt hat.
Felicitas von Lovenberg auf «FAZ.NET»:
http://www.faz.net/artikel/C30351/zum-tod-von-daniel-keel-alles-nur-nicht-langweilig-30685852.html
Der Mann, der Loriot und Dürrenmatt entdeckte
Daniel Keel machte aus dem Diogenes Verlag das grösste belletristische Unternehmen der Welt. Jetzt ist der Verleger im Alter von 80 Jahren gestorben.
«WELT ONLINE»:
Radio DRS, diverse Beiträge
Übersicht:
http://www.drs.ch/www/de/drs/nachrichten/294249.diogenes-verleger-keel-80-jaehrig-gestorben.html
«Echo der Zeit», Beitrag von Philipp Scholkmann (DRS 1, 13.9.2011, 18.00 Uhr):
«Daniel Keel hat mein Leben verändert», Martin Suter über Daniel Keel (DRS 4, 13.9.2011):
«Ich machte das, was mir Spass machte«, Daniel Keel im Gespräch mit Peter Zeindler (»Literatur aktuell», DRS 2, 22.8.1979):
Fernsehen SF, diverse Beiträge
Übersicht:
Porträt Daniel Keel («Kulturzeit», 28.9.1998):
http://www.videoportal.sf.tv/video?id=cdef20bb-8b0a-4f9e-a402-3fa0c8530f68
«Tagesschau» von heute Dienstag, 19.30 Uhr:
http://www.videoportal.sf.tv/video?id=48985eaa-058a-4da7-9e8f-0e6a042bfde1
Auf dieser Webseite BEREITS erschienen
Fritz J. Raddatz: «Ein Mann präziser Vorlieben und von lesehungrigem Fleiss»
…eser als Verleger» – Porträt von Daniel keel auf «ZEIT ONLINE». Link: http://www.zeit.de/2001/24/200124_l-diogenes1.xml …
Nachtrag vom 15.9.2011
SF 1, «Sternstunde Kunst», 15.9.2011, Laufzeit: 56′ · VPS: 00:40
Daniel Keel – Von Büchern und Menschen – Porträt von Daniel Keels Diogenes Verlag
Nachtrag vom 8.10.11:
Letzte Ehre für Diogenes-Gründer Daniel Keel
Prominente verabschieden sich vom Gründer des Diogenes Verlags
«NZZ Online»:
Kommentare von Daniel Leutenegger