29. Oktober 2014
Vereinfachter Zugang zu Karten aus allen Weltgegenden
Mit dem unter der Leitung der Zentralbibliothek Zürich (ZB) jetzt fertig entwickelten Kartenportal «www.kartenportal.ch» können Karten aus allen Weltgegenden in schweizerischen Bibliotheks- und Archivbeständen endlich einfach gefunden werden; auch diejenigen, die bisher aus urheberrechtlichen Gründen nicht im Internet betrachtet werden können. Ihre Recherche erfolgte bisher über die verschiedenen traditionellen Bibliothekskataloge ‑ und war damit aufwändig und umständlich.

Bild: http://www.kartenportal.ch/press/
Das Portal verfügt über eine einfach zu bedienende interaktive Kartensuche in Dutzenden von Kartensammlungen. Zu diesen gibt es ein separates Verzeichnis, das über die einzelnen Bestände und deren Benutzungsmöglichkeiten informiert. Dieses Verzeichnis verfügt über eine eigene grafische Rechercheoberfläche, die einen intuitiven Zugang zur sonst unübersichtlichen Sammlungslandschaft ermöglicht. Ein Blog bietet aktuelle Veranstaltungshinweise, spezifische Tipps für Sammler und Überraschendes aus der Welt der Karten – mit historischem und aktuellem Bezug.
Vorbild für ähnliche Kartenportale
Die interaktive Kartensuche wurde eigens für die Bedürfnisse der Schweizer Kartensammlungen entwickelt, und sie ist derzeit ein Vorbild für verschiedene ähnliche Projekte in Europa und Nordamerika. Man braucht lediglich den Ausschnitt und die Zoomstufe auf der Hintergrundkarte einzustellen, worauf die Software automatisch die passenden kartografischen Dokumente auflistet. Bei Bedarf können auch Filter für die Erscheinungszeit und den Massstab eingestellt werden. Zu jedem Dokument gibt es Detailinformationen, einen Direktlink zu den besitzenden Bibliotheken und wenn möglich ein Vorschaubild. Zurzeit sind Beschreibungen zu fast 350’000 Karten und Atlanten auffindbar.
Voraussetzung dafür ist die vorherige Erfassung der Bestände im Online-Katalog der Bibliotheken und Archive und die Anreicherung der Katalogdaten mit geografischen Koordinaten: Die geografische Ausdehnung jeder Karte wird koordinatenmässig bestimmt und in maschinenlesbarer Form im Katalog erfasst. Bildet man die Koordinaten wieder auf eine Hintergrundkarte ab, ergibt sich ein «Fussabdruck» des betreffenden Dokuments. Mit Hilfe eines eigens entwickelten Algorithmus werden in der Kartensuche die «Fussabdrücke» der Dokumente mit dem eingestellten Ausschnitt der Hintergrundkarte verglichen. Das am besten passende Dokument wird zuoberst in der Trefferliste und als rotes Rechteck auf der Hintergrundkarte angezeigt. Als Hintergundkarte der Kartensuche stehen wahlweise Google Maps, ein Satellitenbild oder OpenStreetMap zur Verfügung. Die Suchsoftware besteht fast ausschliesslich aus Open-Source-Komponenten und läuft in allen aktuellen Webbrowsern.
Neuentwicklung ermöglicht schnelle Treffer
Das entsprechende Front-End ist vom Grundsatz her eine Einzelseiten-Webanwendung. Mithilfe von Closure Tools wurde die Anwendung in JavaScript entwickelt. Für verschiedene kartografische Bausteine wurden die JavaScript-Bibliotheken Leaflet und OpenLayers V3 eingesetzt. Die Benutzerschnittstelle reagiert sehr schnell auf das Verschieben der Hintergrundkarte oder auf das Browsen in der Trefferliste. Grund dafür ist eine spezielle Indexierungstechnik der geografischen Metadaten namens MapRank®, die eigens für das Projekt entwickelt wurde. Die bei Geo-Datenbanken üblicherweise verwendete Indexierung über R-tree oder Quadtree hatte sich für eine solche Suche als zu langsam erwiesen; zu gross ist die zugrunde liegende Datenbasis. Das beim Kartenportal eingesetzte MapRank® ist schneller, da das Ranking teilweise schon während der täglichen Einspielung neuer Metadaten vorgenommen wird. Diese Metadaten werden via die OAI-PMH-Schnittstelle vom schweizerischen Gesamtkatalog Swissbib bezogen, dessen deduplizierte Daten wiederum aus den Online-Katalogen der etwa 900 Bibliotheken und Archive aus allen Teilen der Schweiz stammen.
Die Kartenrecherche kann über eine integrierte Volltextsuche und mit einer Kombination verschiedener Filter zusätzlich verfeinert werden. Eine Pionierleistung ist auch die neu entwickelte, noch experimentelle Visualisierung von Übersichten ganzer Kartenserien (wie zum Beispiel der Schweizer Landeskarte). Die «Fussabdrücke» der einzelnen Kartenblätter werden dabei wie Kacheln über die Hintergrundkarte gelegt. Die schnell aufgebauten Blattübersichten werden durch Open-Source-Komponenten von Mapnik und Memcached ermöglicht.
Die serverseitigen Komponenten wurden vollständig in C/C++ implementiert und laufen unter Linux.
kp
Kontakt:
Jost Schmid-Lanter, dipl. geogr.Projektleiter
Zentralbibliothek Zürich
Abteilung Karten und Panoramen
Tel +41 44 268 31 65 (direkt)
Kommentare von Daniel Leutenegger