12. März 2012
Netizen-Preis 2012 geht an syrische Bürgerjournalisten
Der diesjährige Netizen-Preis von Reporter ohne Grenzen (ROG) geht an die Medienzentren der lokalen Koordinationskomitees in Syrien (Local Coordination Commitees, LCC). Ola Betersch hat den mit 2'500 Euro dotierten Preis als Vertreterin der LCC heute Abend in Paris entgegengenommen. «Die Medienzentren der LCC stehen stellvertretend für alle Netzaktivisten und Bürgerjournalisten in Syrien, die enorme Risiken eingehen, um die Tragödie ihres Landes zu dokumentieren», so ROG anlässlich der Preisverleihung.
Bild: ©
LCCSyria, http://www.lccsyria.org
Die Zentren wurden unmittelbar nach Beginn der Unruhen in Syrien aufgebaut, um
Nachrichten und Bilder von den Orten der Aufstände zu sammeln und Informationen
aus erster Hand an die Öffentlichkeit zu bringen. Sie werden nicht nur über die
Hauptseite von LCC (http://www.lccsyria.org) verbreitet, sondern
auch über die Facebook-Seite https://www.facebook.com/LCCSy und auf einem
Fotoblog (http://photoblog.com/lccsyria).
In den Zentren arbeiten Bürgerjournalisten und Menschenrechtsaktivisten, deren
Engagement angesichts der rigorosen Zensur in Syrien besondere Beachtung
verdient. Das Regime um Diktator Baschar al-Assad verwehrt internationalen
Reportern und Nachrichtenagenturen den legalen Zugang zum Land, lokale
Journalisten werden massiv von der Regierung bedroht.
Die 27jährige Ola Betersch, die den Preis in Paris entgegennimmt, hat nach dem
Beginn der Protestdemonstrationen im März 2011 ihre Arbeit mit behinderten
Kindern aufgegeben, um rund um die Uhr für die Koordinationskomitees zu
arbeiten. «Wir stellen nicht nur einfach Meldungen online, sondern liefern auch
entsprechende Beweise in Form von Fotos und Videos», erklärt die Aktivistin. «Wir versuchen, die Wahrheit ans Licht zu bringen und konzentrieren uns auf
das, was tatsächlich passiert.»
Ausser der LCC waren fünf weitere Netzaktivisten für den Netizen-Preis nominiert. Dazu gehörte das Team der russischen Wahlbeobachtungsorganisation Golos um Grigori Melkonjan. Golos hatte zu den Wahlen in Russland am 4. Dezember 2011 und am 4. März 2012 eine interaktive Karte veröffentlicht, auf der Bürger russlandweit Fälle von Wahlbetrug dokumentieren sollten. Die Seite KartaNarusheniy.ru wurde mehrmals angegriffen und vor der Wahl im Dezember zeitweise ganz aus dem Netz genommen.
Ausserdem war der 26jährige Blogger Maikel Nabil Sanad aus Ägypten nominiert. Er hatte kritisch über die Rolle des Militärs während der Revolution berichtet und war der erste Blogger, der nach dem Rücktritt von Hosni Mubarak festgenommen wurde. Ein Militärgericht verurteilte ihn im April 2011 wegen Beleidigung zu drei Jahren Haft, am 25. Januar wurde er jedoch begnadigt und vorzeitig entlassen.
Zu den weiteren Nominierten gehörten der brasilianische Blogger Leonardo
Sakamoto und der 26jährige Paulus Le Van Son aus Vietnam, der wegen
seines kritischen Blogs seit August 2011 im Gefängnis sitzt.
Weitere Informationen zum Preis und den Nominierten finden sich unter:
http://march12.rsf.org/en/#ccenemies.
Zum Bericht «Feinde des Internets», den ROG am 12. März 2012 herausgegeben hat, finden sich hier weitere Informationen:
Kontakt:
Kommentare von Daniel Leutenegger