24. Februar 2013
Peter Stamm: «Wenn ich krank werde, dann bin ich ruiniert»
Peter Stamm (Bild) spricht sich in der heutigen Ausgabe von «Der Sonntag» für eine Art soziale Absicherung und eine anständige Altersvorsorge für Künstler aus. «Die Landwirtschaft erhält jährlich über drei Milliarden Franken an Subventionen. Wenn man ihr ein Promille wegnehmen würde für die Künstler, dann würde sie es wohl nicht einmal merken.» Heute gebe die öffentliche Hand ungefähr eine Million pro Jahr für Hunderte von Autoren aus. «Wir haben keine Lobby», sagt Stamm. «Wenn wir aber so tapfere Politiker hätten wie die Bauern, sähe es bestimmt anders aus.»

Foto: © Claudia Below, http://www.peterstamm.ch/
Der Schriftsteller Peter Stamm ist als erster Schweizer überhaupt für den Man Booker International Prize nominiert. Sollte er den mit rund 90’000 Franken dotierten Preis tatsächlich gewinnen, würde es ihm «einfach etwas mehr Sicherheit geben», sagt Stamm im Interview mit der Zeitung «Der Sonntag». «Ich könnte ein paar Monate ohne Einkommen überleben. Schriftsteller haben keine Vorsorge, kein Auffangnetz. Wenn ich krank werde, dann bin ich ruiniert.»
Den meisten Schriftstellern gehe es ganz mies. Er habe sogar einen erfolgreichen Kollegen, der seine Zahnarztrechnung nicht bezahlen kann. «Das ist erbärmlich.» Deshalb fordert Stamm eine Art soziale Absicherung und eine anständige Altersvorsorge für Künstler.
«Die Landwirtschaft erhält jährlich über drei Milliarden Franken an Subventionen. Wenn man ihr ein Promille wegnehmen würde für die Künstler, dann würde sie es wohl nicht einmal merken.» Heute gebe die öffentliche Hand ungefähr eine Million pro Jahr für Hunderte von Autoren aus. «Wir haben keine Lobby», sagt Stamm. «Wenn wir aber so tapfere Politiker hätten wie die Bauern, sähe es bestimmt anders aus.»
Produzierten die Bauern zu viel Wein, dann schenke ihnen das Parlament ohne grosse Diskussionen zehn Millionen Franken zum Abbau der Überproduktion. «Das entspricht dem Betrag für zehn Jahre Literaturförderung!»
Selber will Stamm nicht in die Politik, obwohl er seit rund 30 Jahren Mitglied der Grünen ist. Von Schriftstellern, die sich in die politische Debatte einmischen, hält er nicht viel. «Heute geht es doch in der Politik häufig um Sachfragen: Bei der Frage nach einer zweiten Röhre am Gotthard oder nach dem Atomausstieg bin ich als Autor doch nicht kompetenter als ein Wissenschaftler. Als Staatsbürger habe ich die Verpflichtung, mich in die Politik einzumischen, aber nicht als Autor.» Bei Autoren, die sich einmischten, sei auch viel Eitelkeit dabei.
Quelle:
http://www.sonntagonline.ch/inhalt/191/
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Kommentare von Daniel Leutenegger