15. Februar 2014
«Afrikanische Meister – Kunst der Elfenbeinküste»
Ausstellung im Museum Rietberg Zürich, bis am 1. Juni 2014
Bild: Tame deangle, Maske mit weiblichen Gesichtszügen, Liberia, westliche Dan-Region, Nyor Diaple um 1930, Sammlung Barbara und Eberhard Fischer, Provenienz: Hans Himmelheber, gesammelt um 1950 – © http://www.rietberg.ch/
200 Jahre westafrikanische Kunst und rund 200 Meisterwerke von etwa 40 Bildhauern – erstmals werden in einer Ausstellung individuelle afrikanische Künstlerpersönlichkeiten verschiedener Generationen aus sechs wichtigen Kunstregionen Westafrikas mit ihnen zugeschriebenen Werken vorgestellt.
Die Ausstellung widerlegt die noch immer verbreitete Meinung, dass es in der afrikanischen Kunst kaum ästhetische Prinzipien und keine «wirklichen» Künstler gegeben habe, sondern lediglich «Stammeswerkstätten» mit anonymen Bildhauern.
Zu entdecken sind in dieser ambitionierten Ausstellung die grossen Meister der Guro, Baule, Dan, Senufo, Lobi sowie der Lagunen-Völker und zu bewundern ihre berühmtesten Werke – Skulpturen und Masken von eindringlicher Kraft und Schönheit.
Diese Ausstellung basiert auf den Ergebnissen jahrzehntelanger kunstethnologischer Forschung und stellt – wie dies das Museum Rietberg seit den 1970er-Jahren erfolgreich praktiziert – die Hersteller der Kunstwerke ins Zentrum.
Obwohl namentlich meist unbekannt, lassen sich aussergewöhnliche afrikanische Kunstwerke einzelnen Künstlerpersönlichkeiten zuschreiben, werden individuelle Meister- Oeuvres klar erkennbar.
Die Ausstellung gibt auch Aufschluss über die Rolle der Bildhauer in der Gesellschaft und über Arbeitsbedingungen in ihren Werkstätten, aber auch über ihre Schönheitsideale und deren Umsetzung in ihren Bildwerken.
Anhand von Einzelwerken und Werkgruppen wird die Einzigartigkeit der individuellen afrikanischen Künstlerpersönlichkeiten sichtbar. Arbeiten von Schülern oder Nachfolgern dieser Meister sind ein weiteres Seherlebnis.
Die ausgestellten Werke, vor allem Figuren und Masken, stammen hauptsächlich aus dem 19. und frühen 20. Jahrhundert, aus vorkolonialer und kolonialer Zeit.
Die Arbeitsweise der Bildhauer wird in der Ausstellung in Kurzfilmen und durch Beispiele von Werkverfahren vorgestellt. Zum Schnitzen verwendeten die westafrikanischen Bildhauer einfache Werkzeuge wie Dechsel, Messer und Stechbeitel. Dabei entstanden Werke von aussergewöhnlicher Ausdruckskraft und Schönheit.
Die Stilisierung der menschlichen Figur sowie die stark reduzierten Maskengesichter mögen für das westliche Auge vorerst ungewöhnlich sein, aber es kommt nicht von ungefähr, dass sich die europäischen Künstler des Kubismus› und Expressionismus› von der von ihnen entdeckten Formensprache aus Afrika inspirieren liessen.
Sechs Kunstregionen der Elfenbeinküste (der heutigen Côte d’Ivoire und der angrenzenden Staaten) werden mit jeweils etwa zehn Meistern vorgestellt, die für ihre figürliche Kunst berühmt sind: Die Guro und Baule im Zentrum, die Dan im Westen, die Senufo im Norden, die Lobi im Nordosten und die Lagunenvölker im Südosten des Landes. Die Siedlungsgebiete dieser Ethnien decken sich allerdings nicht mit den Staatsgrenzen, denn die Senufo leben auch im Süden Malis, die Dan auch im Hinterland von Liberia und die Lobi siedeln sogar überwiegend in Burkina Faso und Ghana.
Ethnische Grenzen waren schon immer durchlässig, und besonders in den letzten zwei Jahrhunderten beeinflussten sich häufig benachbarte Ethnien gegenseitig kulturell – insbesondere im Bereich der Künste. Auch an Skulpturen, vor allem an Masken und Objekten, die dem Prestigegewinn dienten, wird dies deutlich.
Die Ausstellungsarchitektur schafft jeder Kunstregion und jedem einzelnen in ihr verwurzelten Künstler einen eigenen Raum. Dies ermöglicht, die Traditionslinien unterschiedlicher Bildhauer zu verfolgen, ihr Werk mit den in derselben Kunstregion tätigen Zeitgenossen zu vergleichen und bietet insgesamt einen Überblick über die verschiedenen Stilformen ivorischer Kunst.
Die ausgestellten Werke stammen aus führenden Museen weltweit und Privatsammlungen – darunter das Nationalmuseum der Côte d’Ivoire in Abidjan, das Metropolitan Museum of Art in New York, das Musée du quai Branly in Paris sowie das Musée Royal de l’Afrique Centrale Tervuren – und dokumentieren eindrücklich den Wissensstand der heutigen Kunstforschung, wonach auch in Westafrika individuelle Meister einzigartige Werke höchster Qualität schufen.
Am Beispiel von drei zeitgenössischen, international erfolgreichen ivorischen Künstlern werden zudem aktuelle westafrikanische Kunsttrends vorgestellt.
mrz
Kontakt:
http://www.rietberg.ch/de-ch/ausstellungen/afrikanische-meister.aspx
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Mehr:
Eine Nase von Meisterhand
Kunst, nicht Ritual: Das Museum Rietberg zeigt in seiner neuen Ausstellung eine beeindruckende Kollektion von Artefakten aus der Côte d’Ivoire.
Konrad Tobler:
http://www.derbund.ch/kultur/kunst/Eine-Nase-von-Meisterhand/story/18512392
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Afrikanische Stammeskunst aus Côte d’Ivoire – Das Gesicht der Meister der Masken
Baule, Lobi, Dan, Senufo – das sind klingende Bezeichnungen für Werke der afrikanischen Stammeskunst. Indes, hinter den rund zweihundert Meisterwerken, die das Museum Rietberg aus den bedeutendsten Museen und Sammlungen der Welt zusammengetragen hat, stehen ganz individuelle Künstlerpersönlichkeiten.
Philipp Meier:
http://www.nzz.ch/aktuell/feuilleton/kunst_architektur/das-gesicht-der-meister-der-masken-1.18242927
Kommentare von Daniel Leutenegger