26. Januar 2018
«DOROTHÉE ELISA BAUMANN»
Ausstellung im Photoforum Pasquart Biel-Bienne, vom 28. Januar bis am 15. April 2018
Bild: © Dorothée Elisa Baumann, ohne Titel, aus der Serie: Take a Better Picture, 2017
Dorothée Elisa Baumann provoziert in ihrer künstlerischen Praxis Verschiebungen und kreiert dadurch für den Betrachter visuelle Stolpersteine. «Kollisionen» oder Rätsel veranlassen uns dazu, das dargestellte Objekt in einem sozialen, politischen und kulturell neuen Zusammenhang zu betrachten.
In ihrer Ausstellung im Photoforum Pasquart bilden Referenzen der westlichen Fotografie-Kultur die Pfeiler für Dorothée Baumanns Auseinandersetzung – und eine Reihe neuer Arbeiten. Anders als in der Arbeit Pleasure Arousal Dominance, während deren Prozess Baumann sich der Grenzen des Apparates, ihres Werkzeuges, bewusst wurde, stehen die Menschen nun stärker im Fokus. Nach wie vor sieht sie sich mit forschendem Blick, – ein Blick, der die Verhandlung zwischen Macht, Kontrolle und Vertrauen über den Anderen als Konstante mit sich bringt.
«PHOTO» ist ein französisches Monatsmagazin, das sich seit 50 Jahren der Fotografie widmet und sich als internationale kulturelle Referenz bezeichnet. Auf fast jedem Cover wird eine spärlich bekleidete Frau gezeigt. Baumann hat jeweils das Coverbild sowie die Werbeseiten reproduziert und stellt sie in der Ausstellung als Plakatserie zur Diskussion. Die sexistische Sprache wird durch Wahl von Ausschnitten sowie die Vergrösserung auf 100 cm mal 126 cm zusätzlich zugespitzt. Die Materialität der Covers, die Abnutzungsspuren wie Kratzer sowie die Musterstruktur des Offsetdruckverfahrens verweisen auf den geschichtlichen und kulturellen Kontext der westlichen Fotografiekultur der 1970er- bis 1990er-Jahre hin.
In der Videoarbeit Take a Better Picture schiesst ein Hammer die Fotos, immer schneller – bis schliesslich gar nichts mehr geht. Die technischen Eigenschaften von Kameras werden immer besser, automatische Scharfstellung, Mehrbildauslösefunktion oder Zoom beschleunigen das Fotografieren, genaueres Hinschauen wird aber dadurch nicht unbedingt ermutigt. Immer schneller, immer mehr, und dafür ohne eine profunde Auseinandersetzung – diese Tendenzen werden nicht zuletzt im Kontext der News-Berichterstattung in Fotografie-Kreisen verstärkt diskutiert.
In einer weiteren Videoarbeit befasst sich die Künstlerin mit einem Ur-Text über das Fotografische: Eine professionelle News-Sprecherin des «TeleBielingue» liest Susan Sontags Essay-Sammlung On Photography (1977) in 150 Minuten. Wie wirkt dieses Textmaterial, wenn es in der Sprechweise einer Kurznachricht wiedergegeben wird? Die experimentelle Herangehensweise verdeutlicht, wie eine Kontextverschiebung Einfluss nimmt auf die Wirkung und auf zentrale Aussagen des Textes.
In 25 Posen performt eine Frau das Fotografin-Sein, ihr Re-enactment trägt den Titel Typologie Operator. Mit der Plakatarbeit Manifest schliesst sich ein Kreis: Auch wenn in einigen Arbeiten Dorothée Elisa Baumanns Eingriffe eher subtil sind, ist ihre kritische Haltung klar erkennbar. In ihrem Manifest skizziert sie, wie ungleich die Machtverhältnisse zwischen Fotografierenden und den fotografierten Personen aufgebaut sind, wie die Technik Einfluss sichert und sie stellt abschliessend fest, dass wir die entstehenden Handlungsräume neu diskutieren müssen.
Biografie
Dorothée Elisa Baumann (*1972) lebt und arbeitet zwischen Biel und Genf. Nach der Fachklasse im Bereich der Kunstfotografie (CEPV Vevey) schloss sie einen Bachelor und Master of Contemporary Arts Practice an der Kunstschule (HEAD) in Genf ab. Parallel zu ihrem Studium war sie sowohl als Bildredaktorin für die Stadt Genf als auch als Lehrbeauftragte im Bereich der Fotografie an der Kunstschule HEAD in Genf tätig. Zurzeit arbeitet Dorothée Elisa Baumann im Bereich der Medienanthropologie am Institut der Sozialanthropologie der Universität Bern an einer Dissertation. Sie untersucht den Diskurs der Bedienungsanleitung des Fotoapparates im 20. Jahrhunderts anhand einer Diskursanalyse und geht der Frage nach, wie die vermittelten Skripts (sowohl Instruktionen als auch Interessen des Herstellers) in der Bedienungsanleitung vermittelt werden und in den Habitus des Fotografierens eingreifen.
Die Ausstellung wurde von Nadine Wietlisbach kuratiert.
pfp
Kontakt:
https://www.photoforumpasquart.ch/event/dorothee-elisa-baumann/
Kommentare von Daniel Leutenegger