26. Januar 2014
Gerhard Richter: «Streifen und Glas»
Ausstellung im Kunstmuseum Winterthur, bis am 21. April 2014

Bild: Gerhard Richter – Foto: © Reto Kaufmann, http://www.kmw.ch/presse/gerhard-richter-streifen-und-glas
Auf die Retrospektiven von Gerhard Richter (geb. 1932) folgt nun im Kunstmuseum Winterthur eine gemeinsam mit dem Künstler konzipierte Ausstellung von neuen Werken, die direkt aus seinem Kölner Atelier kommen. Richter zeigt neue Werktypen: Strip-Bilder, grosse Lackbilder auf Glas sowie neuartige Glasskulpturen.
Das Kunstmuseum Winterthur arbeitet nicht zum ersten Mal mit Gerhard Richter zusammen. 1999 zeigte es die Retrospektive der Zeichnungen und Aquarelle des Künstlers, und als einziges Schweizer Museum besitzt es eine Richter-Werkgruppe. Sie umfasst Gemälde, zwei Skulpturen und die umfangreichste Sammlung von Arbeiten auf Papier, die ein Museum vorweisen kann.
Gerhard Richters neue Strip-Bilder mit ihren überaus feinen und unüberschaubar zahlreichen Farblinien sind nicht von Hand gemalt, sondern in einem komplizierten Prozess konzipiert und digital mittels Inkjet auf die Bildfläche gebracht.
Es sind irritierende, faszinierende und in ihrer Strenge zugleich abweisende Bilder, mit denen Richter sein Werk konsequent weiterentwickelt hat.
Von den ersten, noch ganz vom Zufall bestimmten Strips, die 2011-2012 in Galerieausstellungen in Paris, New York und Tokio präsentiert wurden, gelangte Richter nun zu komponierten Bildern, wovon die jüngsten, hier erstmals gezeigten eine Länge von zehn Metern erreichen.
Mit der Arbeit an kleinen Lackbildern, von denen eine Folge bereits in der Ausstellung «Die Natur der Kunst» im Kunstmuseum Winterthur zu sehen war, begann Richter 2008. Nun lässt er diesen unter dem Titel «Flow» eine Gruppe von Arbeiten in grösseren Formaten folgen, die ausgesprochen landschaftlich wirken. Die auf Glasplatten sich ausbreitenden Lackfarben mit ihren klaren Konturen erinnern an Naturphänomene, etwa an die Musterung von Steinen. Wie bei den Strips bringen auch hier die unerschöpflichen Möglichkeiten der farbigen Kombinationen den Zufall als Gestaltungsfaktor ins Spiel.
Glas ist auch das Material für die beiden raumfüllenden Skulpturen. Darin geht es um Transparenz und Spiegelung, um Realität und Schein. Die neueste Skulptur mit ihren ineinander verzahnten Glasscheiben evoziert nicht von ungefähr Caspar David Friedrichs berühmtes Gemälde «Das Eismeer» und unterstreicht so einmal mehr Richters Nähe zur deutschen romantischen Tradition.
Zur Ausstellung erscheint ein Katalog mit Texten von Dieter Schwarz und Robert Storr. Querformat, Leinenbindung mit Schutzumschlag, 80 Seiten, 68 farbige ganz- bzw. doppelseitige Abbildungen. CHF 50.-
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Parallel dazu im Graphischen Kabinett des Kunstmuseums Winterthur:
Gerhard Richter Von Elbe bis November: Arbeiten auf Papier aus der Sammlung
1999 reiste die vom Kunstmuseum Winterthur konzipierte Retrospektive der Zeichnungen und Aquarelle von Gerhard Richter an verschiedene europäische Museen. Im Zusammenhang mit den Vorbereitungen zu dieser Ausstellung wurde eine Sammlung von Arbeiten auf Papier des Künstlers aufgebaut, die heute einzigartig ist und deshalb in den letzten Jahren verschiedentlich die Grundlage für Ausstellungen Richters bildete, so etwa in der Albertina oder im Louvre. Nun wird sie in Winterthur erstmals vollständig ausgebreitet.
Die Winterthurer Sammlung umfasst Zeichnungen seit den 1960er-Jahren, Aquarelle und Malereien in Oelfarben auf Papier oder auf Photographien. In jüngster Zeit wurde diese Sammlung durch die Zyklen Elbe und November ergänzt, eine Jugendarbeit aus dem Jahre 1957 und ein spätes Werk, die auf überraschende Weise miteinander korrespondieren. Ebenfalls kamen zwei Strips auf Papier dazu, die nun an die Stelle der von Hand ausgeführten Arbeiten getreten sind und so die Werkgruppe konsequent fortführen.
Diese beiden Strips, in denen die Anordnung von Streifen und Farben gänzlich vom Zufall bestimmt sind, gehören zu den ersten gültigen Arbeiten dieses Typs. Sie antworten so auf die erste Bleistiftzeichnung der Sammlung, ein Blatt von 1966, in dem ebenfalls der Zufall an die Stelle des bewusst gestaltenden Künstlers tritt. Richters Zeichnungen sind keine Studien zu Bildern, es sind selbständige Arbeiten, die in Stimmung und Musikalität den Gemälden nahe sind. Damit bietet diese Kabinettausstellung einen Blick aus anderer Perspektive auf Richters Werk.
kmw
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Kommentare von Daniel Leutenegger