18. April 2014
«GESCHAFFEN – GEBRAUCHT – GESAMMELT»
Keramiken der Tonwarenfabrik Ziegler Schaffhausen (1828-1973), Ausstellung im Museum zu Allerheiligen Schaffhausen, bis am 30. November 2014

Bild: Blick ins Malatelier der Tonwarenfabrik Ziegler, ca. 1928; Stadtarchiv Schaffhausen
Die Tonwarenfabrik Ziegler AG gehörte zu den bedeutendsten Unternehmen der schweizerischen Keramik- und Tonwarenindustrie. Entstanden ist es aus einem Betrieb des Winterthurer Industriellen Jakob Ziegler (1775-1863), der 1828 die städtische Ziegelhütte pachtete und am rechten Rheinufer ein Fabrikgebäude erstellen liess. Die Ausstellung bietet anhand der Museumssammlung sowie ausgewählter Leihgaben einen chronologischen Überblick über die zwischen 1828 und 1973 produzierten Keramiken. Sie zeigt die technische und formale Vielfalt der in fünf Generationen von der Familie Ziegler hergestellten Keramik. Die Präsentation ist chronologisch angelegt und gliedert sich in fünf Abschnitte:
Vitrine 1 (1828-1870)
Neben Ziegelwaren führte der Betrieb bereits kurz nach seiner Gründung ein breites Sortiment keramischer Artikel: Tonröhren, Bau- und Sanitärkeramik, chemische Gefässe sowie Koch- und Gebrauchsgeschirr. Besonders geschätzt waren Imitationen des schwarzen, englischen Wedgewood Geschirrs. Einige dieser seltenen Stücke aus den 1840er-Jahren sind in der Ausstellung zu bewundern, ebenso vollplastisch verzierte Briefbeschwerer und Plaketten mit aus Ton abgeformten Erinnerungsmedaillen. Der Zusammenarbeit Zieglers mit dem Schaffhauser Künstler Johann Jacob Oechslin (1802-1873) verdanken wir Reliefs, Medaillons und Porträtbüsten berühmter Persönlichkeiten, etwa des ersten Schweizer Bundespräsidenten Jonas Furrer. Erstmals werden diese Kunstwerke Oechslins in den Kontext ihre Produktion gestellt.
Vitrine 2 (1870-1910)
Schon früh präsentierte Ziegler seine Erzeugnisse an nationalen und internationalen Ausstellungen. 1870 erhielt er etwa an der Allgemeinen Industrieausstellung für das Gesamtgebiet des Hauswesens in Kassel eine Auszeichnung, «wegen Mannigfaltigkeit der Artikel, sauberer und geschmackvollen Ausführung, insbesondere wegen tadelloser Glasur und grosser Feuerfestigkeit». Das ausgestellte Küchengeschirr und die Sanitärkeramik führen die Qualität dieser Produkte vor Augen. Waren die frühen Keramiken noch weiss glasiert, findet sich gegen Ende des 19. Jahrhunderts vermehrt farbig dekorierte Steingutware. Auch diese Entwicklung wird anhand der Exponate nachvollziehbar.
Besondere Erwähnung verdient ein weisser Teller, verziert mit der Darstellung einer holländischen Windmühle in blauer Delftmalerei.
Vitrinen 3 und 4 (1900-1930)
Auskunft über die Produktpalette der Zeit nach 1900 liefern Ausstellungskataloge und Fotografien der zahlreichen Industrie- und Gewerbeausstellungen, an denen sich die Firma werbewirksam präsentierte. 1918 erfolgte die erste Teilnahme an der Schweizerischen Mustermesse in Basel, die Tonwarenfabrik wird dort in den folgenden Jahrzehnten praktisch ununterbrochen mit eigenen Ständen vertreten sein. Die Ausstellungsgestaltung greift das Element der Messearchitektur auf und schöpft bei der Präsentation der Keramiken aus dem schier unendlichen Fundus der zieglerschen Formen und Dekore. Der einzige erhaltene Produktkatalog stammt aus den 1920er-Jahren und besticht durch die Qualität seiner bunten Abbildungen.
Vitrine 5 (1925-1950)
Einige der ausgestellten Keramiken reflektieren in Form und Dekor deutlich den Stil des Art déco. Neben Vasen, Rechauds, Buchstützen, Kerzenständern und einem Teeservice mit grünem Spritzdekor sind auch zahlreiche der beliebten Kinder- und Spruchteller zu entdecken. Nachdem die Bombardierung Schaffhausens am 1. April 1944 mehr als zwei Drittel der Fabrikationsgebäude und das Firmenarchiv zerstört hatte, wagte man einen Neuanfang. In den neu errichteten Produktionsstätten wurde 1949 eine Kunstabteilung unter der Leitung von Gustav Spörri (1902-1976) eröffnet. Spörri entwarf Formen und Dekore, die nach seinen Vorlagen vervielfältigt wurden, aber auch zahllose Einzel- oder «Boutiquestücke». Daneben lief die Produktion von billigerer Massenware weiter.
Vitrinen 6, 7 und 8 (1950-1973)
Die Tonwarenfabrik geriet in den 1950er-Jahren durch die zunehmende Konkurrenz ausländischer Produkte unter Druck. Zur Steigerung des Umsatzes erfolgte ab 1953 der Verkauf von «Rohkeramik» (einmal gebrannter weisser Scherben) sowie keramischen feuerfesten Unterglasurfarben zum Selbermalen. Diese erfreuten sich nicht nur in Schaffhausen grosser Beliebtheit und sind in der Ausstellung wieder zu entdecken.
1964 beschloss eine ausserordentliche Generalversammlung der Firma die Produktion keramischer Erzeugnisse ab Januar 1965 schrittweise abzubauen. Gustav Spörri verliess die Kunstabteilung und intensivierte seine Arbeit im eigenen Atelier im «Trubgüetli», wo er bis zu seinem Tode 1976 künstlerisch tätig war. Neben Keramiken schuf er Mosaiken, Ölgemälde, Aquarelle, Zeichnungen und Hinterglasmalereien. Die Ausstellung zeigt einige seiner charakteristischen Arbeiten, teilweise Leihgaben aus Privatbesitz, darunter erstmals auch das Ölgemälde «Der Rhein von oberhalb Büsingens».
Als die Firma «Tonwarenfabrik Ziegler AG » im Jahre 1973 ihren Betrieb in Schaffhausen endgültig einstellte, endete eine bewegte 145-jährige Firmengeschichte. Ihre Keramiken veranschaulichen noch heute die formale und technologische Entwicklung innerhalb der schweizerischen und internationalen Keramikproduktion.
mas
Kontakt:
http://allerheiligen.ch/component/content/article/32-austellungen/vorschau/379-schaffhauser-keramik
Kommentare von Daniel Leutenegger