22. November 2011
St.Galler Museen laden mit vielfältigem Ausstellungsprogramm zum Gallusjubiläum 2012
Den Auftakt macht die Jubiläums-Jahresausstellung der Stiftsbibliothek, die am 27. November 2011 eröffnet wird. Das Historische und Völkerkundemuseum seinerseits konnte ein spezielles, rund 550 Jahre altes Gallus-Waffeleisen erstehen und lässt die Waffel wieder aufleben.
Bild: Stiftsbibliothek St.Gallen (zur Vergrösserung anklickbar)
Das Gallusjubiläum wirft einen Blick zurück auf 1400 Jahre Entwicklung. Es zieht einen Bogen in die Gegenwart und in das, was morgen sein kann. «Kunst in der Mülenenschlucht» wird das natürliche Kleinod mitten in der Stadt in unmittelbarer Nähe des Stiftsbezirks mit aussergewöhnlichen Installationen von drei international renommierten Künstlerinnen und Künstlern von einer neuen Seite zeigen. Die St.Galler Museen bieten eine breite Palette an Ausstellungen zum Jubiläum an, welche die Geschichte von Gallus und der Region je auf andere, spezielle Weise erlebbar machen.
Attraktives Kombiticket
«Nicht nur inhaltlich, sondern auch preislich gestalten die beteiligten Museen ihr Angebot zum Jubiläum mit einem Jubiläumsrabatt von rund 30 Prozent besonders attraktiv», freut sich Iwan Köppel, Gesamtprojektleiter der ARGE Gallusjubiläum 2012. Vom 20. April bis 16. Oktober 2012 können interessierte Besucherinnen und Besucher die ausgestellten Schätze in der Stiftsbibliothek, im Historischen und Völkerkundemuseum, im Naturmuseum, im Kunstmuseum und im Textilmuseum in St.Gallen mit einem Kombiticket für CHF 25.00 geniessen. Das Ticket berechtigt an zwei frei wählbaren Tagen zum Besuch der beteiligten Museen sowie am ersten gewählten Tag zu einer Fahrt mit der Mühleggbahn, welche die «Kunst in der Mülenenschlucht» erschliesst.
Jubiläums-Jahresausstellung der Stiftsbibliothek
Den Auftakt zum speziellen Ausstellungsjahr bildet die Jubiläums-Jahresausstellung im Barocksaal und im Lapidarium der Stiftsbibliothek unter dem Titel «Der heilige Gallus 612|2012: Leben – Legende – Kult», die am Sonntag, 27. November 2011, eröffnet wird.
Die Stiftsbibliothek präsentiert die schönsten und wertvollsten Stücke aus ihrem reichen Schatz an Handschriften und Drucken mit Bezug zu Gallus, ergänzt durch zahlreiche Leihgaben. «Darunter befinden sich unter anderem Texte, die noch zu Lebzeiten des Gallus verfasst oder abgeschrieben wurden, zahlreiche irische Handschriften sowie die einzigen Textzeugen der beiden älteren Fassungen der Gallus-Vita», führt Stiftsbibliothekar Ernst Tremp aus.
Im Lapidarium ist eine Galerie mit Gallus-Bildnissen vom 9. bis zum 20. Jahrhundert zu bewundern. Von April bis Oktober 2012 wird zudem die Galluskapelle mit ihrem barocken Gemäldezyklus zum Leben von Gallus täglich geöffnet sein.
Gallus-Vita von Walahfrid Strabo im Reclam-Verlag
Ebenfalls zum Jubiläum gibt die Stiftsbibliothek im März 2012 im Stuttgarter Reclam-Verlag eine zweisprachige Ausgabe der lateinischen Gallus-Vita von Walahfrid Strabo mit Kommentar und Nachwort heraus.
Walahfrid Strabo (808/809 – 849) verfasste eine lateinische Gallus-Vita, die sich auf zwei Vorgängerwerke stützte: die nur fragmentarisch erhaltene, anonyme «Vita vetustissima» und die Gallus-Vita des Reichenauer Mönchs Wetti († 824).
Walahfrids Gallus-Vita, sprachlich und stilistisch die beste der drei Fassungen, geht auch inhaltlich über die älteren Werke hinaus, da sie ausführlich auch über Wunder am Gallusgrab berichtet. Die Ausgabe der Stiftsbibliothek bringt erstmals eine vollständige deutsche Übersetzung von Walahfrids Gallus-Vita.
Internationale Tagung zu Gallus› Leben, Wirken und Nachleben
Vom 5. bis 8. September 2012 präsentieren und diskutieren unter dem Titel «Gallus und seine Zeit: Leben, Wirken, Nachleben» im Musiksaal im Stiftsbezirk Fachleute aus ganz Europa unter Federführung der Stiftsbibliothek und des Stiftsarchivs die neuesten Thesen und Erkenntnisse über Gallus, seine Zeit und sein Nachwirken.
Themen des Kongresses sind unter anderem die Kontakte zwischen Irland und dem europäischen Kontinent im 6./7. Jahrhundert, der Einfluss des irischen Mönchtums auf die europäische Kultur, die Lebensgeschichten von Gallus, die Gallus-Verehrung in Liturgie und Literatur sowie der Gallus-Kult im Kloster St.Gallen und weit darüber hinaus.
«Gallus – Kult, Kitsch, Karikatur» im Historischen und Völkerkundemuseum
Überraschende Einblicke in die Gallus-Tradition der Ostschweiz wird von April bis Oktober 2012 die Ausstellung «Gallus – Kult, Kitsch, Karikatur» im Historischen und Völkerkundemuseum St.Gallen (HVMSG) bieten.
«Gallus wird bis heute gerne mit Ernstem und Feierlichem verbunden. Er blickt auf eine jahrhundertelange Karriere als Heiliger, Klosterpatron und Landesvater zurück. Unsere Ausstellung sucht Gallus im Alltag, vom Mittelalter bis in die Gegenwart, vom Standortmarketing bis zur Populärkultur: mit vielen ungehobenen Schätzen – Wirtshausschildern, Maskottchen, Karikaturen – und Geschichten», blickt Museumsdirektor Daniel Studer voraus.
Gallus-Waffeleisen aus 16. Jahrhundert
Neu erstehen konnte das HVMSG unter anderem ein rund 550-jähriges Waffeleisen aus dem Haushalt des St.Galler Fürstabtes Diethelm Blarer von Wartensee, der dem Kloster 1530 bis 1564 vorstand. Dieser leitete nach den Wirren der Reformation die Rekatholisierung der Fürstabtei ein: Er hat Gallus seinen Untertanen sozusagen wieder in die Köpfe und Herzen «eingebrannt».
Die beiden runden Platten des zangenförmigen Waffeleisens haben einen Durchmesser von 18 cm. Ihr Dekor ist fein graviert. Die eine Seite zeigt Gallus mit der Umschrift «Sancte Galle ora pro nobis»: «Heiliger Gallus, bete für uns.» Die Gegenseite zeigt das Wappen des Fürstabtes mit der analogen Umschrift «Sante Otmare ora pro nobis».
«Galluswaffel» lebt wieder auf
Solche Waffeleisen waren im 16. Jahrhundert weit verbreitet. Ihr Gebrauch verlangte Geschick, Erfahrung und einiges an Kraft. Zum Einsatz kamen sie vor allem zu Festtagen: Klöster, aber auch Familien pflegten die produzierten Waffeln zu verschenken.
Diese Tradition lassen das HVMSG und die St.Galler Bäckerei Schwyter in einer Kooperation wieder aufleben. Mit Hilfe einer exakten Kopie des alten Waffeleisens wird die «Galluswaffel» neu produziert. Sie macht die Gallus-Tradition auf sinnliche Weise erlebbar und vermittelt einen Eindruck von der Küchenarbeit des 16. Jahrhunderts – ohne elektrischen Strom und fliessendes Wasser, ohne Kühlschrank und Geschirrspülmaschine.
«Natürlich wird unser Waffeleisen nicht mehr im offenen Feuer erhitzt. Noch immer sind aber viel Handarbeit und hochwertige Zutaten das Geheimnis dieser neuen Spezialität», erklärt Patrick Schwyter. «Die knusprige Waffel mit einer köstlichen Füllung von dunkler Couverture und piemontesischen Haselnüssen passt hervorragend zum Kaffee und ist ein originelles Mitbringsel.»
Typotron-Heft 2012 zur Ausstellung
Passend zur Ausstellung im HVMSG beschäftigt sich auch das Typotron-Heft 2012 mit Gallus. Als Rolf Stehle, der Herausgeber der Reihe, vom Ausstellungsprojekt hörte, entschloss er sich spontan, das Museum mit der Realisierung des Heftes zu betrauen. Die Redaktion übernahm HVMSG-Mitarbeiter Peter Müller. Gestaltet wird es auch diesmal wieder von TGG Hafen Senn Stieger, St.Gallen.
Das Heft – es ist das dreissigste – soll zum einen eine Art Katalog der Ausstellung sein, zum andern zusätzliche Schlaglichter auf das Thema werfen. «Magazinartig, frisch und originell – im Stil des Kulturmagazins ‹Saiten’», gab Stehle vor. Alles Weitere überliess er dem Museum. Das Heft wird am 19. April 2012 im Historischen und Völkerkundemuseum vorgestellt.
pd
Alle Informationen zum Jubiläum unter:
Eröffnung der Jubiläums-Jahresausstellung der Stiftsbibliothek am Sonntag, 27. November 2011, 10.30 Uhr, im Pfalzkeller, St.Gallen – Mehr:
Mehr zum Historischen und Völkerkundemuseum:
Kommentare von Daniel Leutenegger