27. Juli 2009
ERIC MERZ UND DER GUTE TON
Eric Merz, der legendäre Tonmeister und Musikproduzent der 1970er bis 1990er Jahre, unterbrach vor sieben Jahren seine schweizweit einmalige Karriere im Musik-Business und suchte eine komplett neue berufliche Herausforderung. Seit kurzem bietet er seine guten Dienste für den guten Ton teilzeitmässig wieder an: mit seinem bestens ausgerüsteten Mix & Mastering Cockpit in Kerzers.
E-Mail-Interview mit Eric Merz. Die Fragen stellte Daniel Leutenegger.
In jungen Jahren: Polo Hofer und Eric Merz im Berner Sinus-Studio – Foto: Kai Schütte
Daniel Leutenegger: Was hat Dich im Jahr 2002 dazu bewogen, einen (nun zum Glück vieler MusikerInnen vorläufigen) Schlussstrich unter Deine tonmeisterliche Karriere zu setzen?
Eric Merz: Ich hatte beide Ohren voll bis hin zum sich zunehmend manifestierenden Ohrensausen und keinen Bock, keine Energie mehr, mich so intensiv für Musik und Tontechnik einzusetzen. Nach fast dreissig Jahren bekam ich plötzlich das Gefühl, «da muss doch noch etwas anderes sein». Eine Pause mit Tapetenwechsel war dringend nötig, um persönlich weiter zu kommen, etwas anderes zu sehen, zu erleben und zu erlernen.
Du bist seither im Sozialbereich tätig und musstest Dich dafür komplett neu ausbilden lassen, ein völlig anderes Berufsfeld kennen lernen, einen geregelten Alltag ohne nächtelange Sessions und dergleichen akzeptieren. Was hat Dich gerade dazu motiviert, wie sieht Dein Alltag als diplomierter Sozial-Pädagoge aus?
Zur Motivation: Ich hatte Lust, mich mit dem Mensch- und Dasein mit allen Facetten und einem anderen Zugang vertraut zu machen und diesbezüglich etwas zu lernen.
Die Arbeitszeiten in einem sozialen Job sind auch sehr unregelmässig (Sonntagsdienst, Nacht-Pikett-Dienst, frühmorgens, spätabends, lange 15-Stunden-Dienste usw).
Wechselhafte, unregelmässige Arbeitszeiten stören mich nicht so, die sind geblieben. Der einzige Unterschied ist, dass ich nun im Voraus präzise sagen kann, bis wann ich arbeite. Diese klare Struktur schätze ich irgendwie. Als Tonmeister war ich nie in der Lage, meiner Lebenspartnerin zu sagen, ob und wann ich nach Hause kommen werde.
Siehst Du Parallelen zwischen Deinen Tätigkeiten im Musik- und im Sozial-Bereich? Ich denke daran, dass von vielen MusikerInnen, ProduzentInnen, VeranstalterInnen und Medienleuten neben Deinen technischen und musikalischen Fähigkeiten immer wieder Dein «Gschpüri», Dein Humor und Geist auch bei stressigen Situationen im Studio und bei «Live»-Übertragungen als Deine ganz besonderen Qualitäten genannt wurden.
Ich sehe Parallelen. Man gibt sich in beiden Berufen sehr intensiv und intim mit Menschen ab.
Das eigentliche Ziel ändert sich: Statt nach der gemeinsamen Zusammenarbeit eine fertige Musik-CD in Händen zu halten, die im besten Fall in die Charts steigt und vergoldet wird, geht es um die Bewältigung des Alltags. Eine wichtige Aufgabe. Gerade mit zunehmendem Alter und der damit verbundenen Weisheit, die sich (hoffentlich) einstellt, bemerkt man nach und nach, dass die Lebensbewältigung als solche ein eigenes Thema ist, obwohl sie meistens, in der Schule, in der Erziehung, tendenziell überall, zu kurz kommt, weil immer gelehrt wird, wie man reibungslos, möglichst ohne aufzufallen zu funktionieren und sich schlussendlich einseitig für die Profit generierenden Werte einzubringen hat.
Wer das nicht schafft oder hinterfragt, landet eventuell in der Musikbranche (oder wird sonst Künstler) oder im Sozialen, sei es als Betreuer oder im schlimmsten Fall als zu Betreuender.
So sehe ich die Parallelen zwischen Musik und Sozialem. Abgesehen davon ist manch ein Musiker (oder sind andere künstlerisch Berufstätige) nebenbei beruflich noch im Sozialen tätig.
Eindrückliche Vergangenheit (Bilder von oben nach unten, von links nach rechts): Mit Span, hoher Besuch von Sir George Martin; mit Tinu Heiniger; Edelmetall für «Matter-Rock»; im Powerplay-Studio mit Züri West (1991); Edelmetall für Vynil-Scheiben. – Fotos: Caspar Martig, dlb und Diverse
Viele MusikerInnen haben mir berichtet, Du seist im Studio oft gleichzeitig einerseits wie ein Mitglied der Band und andererseits wie ein gruppendynamisch heilsamer Psychiater tätig gewesen. Hast Du dies selber auch so empfunden?
Ich fühle mich geehrt, dass es Menschen gibt, die das so sehen. Klar habe ich das versucht, im Ton-Job wie auch jetzt im Sozial-Job. Manchmal bin ich auch an eine Grenze gekommen, wo ich selber einen Psychiater gebraucht hätte.
Als Tonmeister und Sozial-Pädagoge finde ich es wichtig, den Menschen mit Empathie zu begegnen, also ohne gross zu werten verstehen und nachvollziehen zu können, warum und wie Dein Gegenüber zu etwas kommen will und etwas auf seine eigene Art anpackt und in dieser seiner Art handelt.
So gesehen geht es in beiden Jobs darum, Ressourcen herauszuschälen und zu fördern. In beiden Berufen ist man als Assistent oder Katalysator tätig. Nicht als BewerterIn und ErzieherIn.
Sind aus Auftrags- und Erwerbsarbeiten auch bis heute bleibende Freundschaften und Verbindungen entstanden?
Ja sicher, eine ganze Menge. In der Musikbranche wie im Sozialen.
Du hattest anfänglich ja auch eigene musikalische Ambitionen. Was hat Dich davon abgehalten, «es» doch auch selber als Sänger zu versuchen?
Ich war ehrlich gesagt zu schlecht. Zuwenig Druck und Ausdruck, es wäre oberpeinlich flach geworden. Es gibt genug solche.
Das stilistische Spektrum der von Dir aufgenommenen KünstlerInnen ist enorm breit. Wo liegen Deine eigenen musikalischen Präferenzen?
Ich habe keine wirklich ausgeprägten Präferenzen; ich habe es gerne, wenn’s «gut gemacht» ist. Damit meine ich packenden emotionellen Ausdruck und genügend technisches Können, um das, was jemand ausdrücken will, glaubwürdig und voll rüberzubringen.
Wobei – es gibt «Eckdaten»: Besonders gerne habe ich Gesang (Englisch, Französisch und natürlich Mundart) mit akustischen Gitarren, Bass und Schlagzeug, dann auch bitte sehr ein paar Elektrogitarren und Keyboards, ja, und wenn wir schon dran sind, noch Perkussion, Bläser und Streicher. Dudelsäcke hingegen möchte ich nicht zu lange hören müssen an einem Stück.
Überhaupt habe ich sehr gerne Abwechslung, beruflich wie privat.
Ich gebe aber zu, dass ich persönlich nicht viel übrig habe für Freejazz, und wenn ich eine volkstümliche Kapelle mit Schwyzerörgeli und Klarinette zu lange anhören muss, kommt mir immer der Gedanke hoch: Du meine Güte, was für ein Volk muss das sein, das ein solches Gedudel als Volksmusik sein Eigen nennt? Ist das etwa als kreatives Armutszeichen zu werten? Zur tontechnischen Gestaltung hingegen finde ich eine solche Musik äusserst interessant.
In den späten 1960er Jahren: Eric Merz, Daniel Ihly und Daniel Leutenegger versuchen sich als Medien- und Musik-Menschen. Impressionen aus dem Redaktionsraum der Schülerzeitschrift «jutis» und dem Tonstudio «Rausch & Brumm Records» in Bremgarten bei Bern. – Fotos: Daniel Ihly und dlb
Ich erinnere mich sehr gerne an unsere gemeinsame Zeit mit Daniel Ihly Ende der 1960er Jahre mit der Schülerzeitung «jutis» und dem Tonstudio «Rausch & Brumm Records» in Bremgarten bei Bern. Du schriebst bewundernde Beiträge zum Beispiel über Arlette Zola oder die Minstrels. Besonders auffällig war aber, dass Du schon als Vierzehnjähriger die Tontechnik im Selbststudium traumwandlerisch erlernt hast. War das Dein Kindertraum, ganz einfach Deine Bestimmung?
In meiner Jugendzeit haben mich die französischen Tonstudios in Paris sehr fasziniert. Ich vergesse nie, wie Jean Pierre Allenbach am Westschweizer TV am Beispiel von Arlette Zola, die damals im frankophonen Sprachraum ebenso populär war wie Johnny Hallyday, das Prinzip einer 4-Spur-Aufnahme erklärt hat. Später wurden’s dann 8 Spuren, dann 16 und 24.
Das erste «richtige» Studio der Schweiz war in Biel, das Soundcraft-Studio von Stefan Sulke, der sich einen Namen gemacht hatte mit seinen legendären (8-Spur-)Montreux-Jazz-Aufnahmen. Er war immer mein Vorbild; er hatte schon damals (1969) exakt den Sound hingekriegt, den ich immer hinkriegen wollte: Extrem knackig, seggo mittig präsent und trotzdem räumlich. Seine Aufnahmen haben dazumal als einzige in der Schweiz gemachten Aufnahmen das «gewisse Etwas» wie englische und amerikanische Scheiben drauf gehabt.
Es war nie mein Kindertraum, Tonmensch zu werden. «Es» hat zu mir gefunden quasi.
1970er-Jahre: Impressionen aus dem Berner Sinus-Studio – Fotos: Daniel Ihly, Daniel Leutenegger und Diverse
Später halfen wir mit, das legendäre Sinus-Tonstudio in Bern einzurichten; und es war mir von Anfang an klar, dass Du hier Tonmeister-Karriere machen würdest und ich eher jener war, der diese Szene mit Texten, Bildern, Ratschlägen, Vermittlungen und Veranstaltungen begleitete und erweiterte. Deine Erinnerungen an die Sinus-Zeit, und welche Bedeutung hatte sie für Dein späteres Wirken?
Mir war da gar nicht klar, dass ich als Tonmeister Karriere machen würde. Naiv und ein bisschen blöd bin ich da reingelaufen und habe mal einfach gemacht.
Ich wurde natürlich vom damaligen Gründer und Besitzer des Sinus-Studios, Kurt Zimmermann, gefördert. Der hat mir eines Abends, als ich das junge Sinus-Studio zusammen mit dem französischen Chansonnier Guy Magey besuchte, ein, zwei, drei teure Studio-Mikrophone mit Ständer hingestellt und gesagt: «Da:…, nimm den Guy mal auf». Da habe ich halt ein Demo-Tape mit 8-Spur aufgenommen.
Dann später durfte ich im Kirchgemeindehaus meines Wohnortes zwei Jazz Bands mit Röhrenmischpult und Revox aufnehmen. In der einen Band spielte auch ein gewisser Martin Heiniger mit. Ja, er hat dann gefunden, es töne saugut.
Solche Erlebnisse haben mich dann selber beeindruckt und sehr motiviert, Tonmeister zu werden …
Du wurdest später eine Art «Tonmeister auf der Stör», hast in unzähligen verschiedenen Studios aufgenommen, gemixt und gemastert. Deine Erinnerungen an diese Zeit?
Als das Sinus-Studio, vor allem aufgrund massiver Lärm-Reklamationen aus dem Wohnhaus über dem Studio, geschlossen werden musste, wollte ich zuerst ein eigenes Studio bauen. Als ich dann bemerkte, dass dies mein finanzieller Ruin gewesen wäre, entschloss ich mich dazu, freier Tonmeister zu werden.
Zehn Jahre lang habe ich in verschiedenen Studios der Schweiz aufgenommen und gemischt (u.a. Powerplay Studios, Maur ZH / Greenwood Studios, Nunningen Basel / Blackwoood Studios, Basel / Backyard Studio, Bern), und es war dies meine schönste, erfolgreichste und intensivste Zeit in diesem Beruf. Das Mastering habe ich zu jener Zeit anderen überlassen (z.B. Glenn Müller von Greenwood Studios).
Du warst und bist auch Produzent, sogar mit dem eigenen Label «Schnoutz Records». Wie kam es dazu? Und inwiefern haben sich Musikproduktion und –vertrieb seit Deinen Anfängen verändert?
Da in diesem Lande einfach niemand die Aufnahmen der «Rumpelstilz» herausgeben wollte und ich diese gut fand, habe ich ein Label gegründet und das Album «Vogelfuetter» im Ausland pressen und in der Schweiz vertreiben lassen.
Der grösste Unterschied in der Musikbranche zwischen jener Zeit und heute ist, dass damals musikbegeisterte, Talente suchende und findende beherzte Fachmenschen am Drücker waren; nebst dem Business ging’s auch um die Kreativität, die Menschen und die Musik.
Heute hocken leider bei den meisten «Plattenfirmen», vor allem bei den grossen Multis, vorwiegend Managertypen, die sich an die vom Mutterhaus erstellten Reissbrettkonstruktionen von Businessplänen halten und Musik als Ware verdealen. Dabei wird in kurzen Zeitabständen das Firmen-Konzept verändert und ohne Bezug zur Materie drauflos gewurstelt. Diese Typen könnten auch Unterhosen verkaufen oder Berater bei der UBS sein! Meistens haben sie nicht einmal eine Ahnung, was für Schätze in ihren Archiven lagern. Wohin das führt, konnte man grad in der letzten Zeit beobachten. Ausnahmen bestätigen da zum Glück die Regel.
Welche Rolle spielten und spielen dabei die Medien?
Auch da änderte sich vieles: Die Medien berichteten früher ausführlich über das kulturelle Geschehen und halfen so mit, KünstlerInnen aufzubauen und zu fördern. Heute ist es so, dass die Medien mit massiv konstruiertem aufgeblasenem Konstrukt selber tausende von Eintagsfliegen aufbauen und wieder fallen lassen. Es geht oft nicht mehr um die Musik, sondern um das Ego der Medien-Institution.
So haben die TV-Stationen grad Deals mit der Musikindustrie, in Musik-Sendungen wird neben den paar wenigen KünstlerInnen, die teilnehmen, von vier ModeratorInnen eine TV-Selbstdarstellung zelebriert, einen Abend lang hohles leeres Geplapper durchgegeben, wobei die TV-ModeratorInnen im Verlauf der Sendung meistens sogar auch noch selber zu singen anfangen.
Themawechsel: Wie erklärst Du den Laien unter uns den Unterschied zwischen «analog» und «digital»?
Da erkläre ich lieber nichts und überlasse dies einem Physiker.
Trotzdem: Du warst dem Digitalen gegenüber ursprünglich skeptisch eingestellt. Warum? Und wie ist Deine heutige Einstellung dazu?
Im Bereich des Endkonsumenten schätze ich die CD; sie klingt, wenn gut gemastert, exakt wie die Studio-Originalaufnahme. Die analogen Musikkassetten waren absolut schlechter Qualität, auch die so hoch gelobte und beliebte Vynil-Scheibe hat sehr viele Verfälschungen und Klangeinbussen mit sich gebracht, wie z.B. verzerrte Zischlaute und eigeschränktes Stereobild.
Im Studio sehe ich das anders: Die ersten digitalen Erfindungen waren Schrott und eine Frechheit! So z.B. die Dat- und Adat-Geräte, wo man aus Sicherheitsgründen immer grad im Doppel aufnehmen musste, weil sie anfällig für Drop Outs waren.
So gesehen sind die neuen Methoden auf dem Computer angenehmer. Hier allerdings ist es sehr von Vorteil, genau zu wissen, was man tut!
Heute ist das Digitale für mich selbstverständlich. Es ist nicht besser oder schlechter, sondern anders. Früher hatte man mit Rauschen und Gleichlaufschwankungen zu kämpfen, heute hat man Clock- und Jither-Probleme, beides kann sehr hässlich klingen.
Durch die schier unendlichen Möglichkeiten, die das heutige Arbeiten bietet, muss man sehr darauf achten, keine groben Böcke zu schiessen (Zeitverzögerungen, Phasenprobleme usw.).
Ich habe bei neuzeitlichen Aufnahmen schon Musik-Schnitte gehört, bei welchen ein Tonmeister vor zehn Jahren noch fristlos entlassen worden wäre, hätte er so etwas durchgelassen!
Dazu kommt die Gefahr, dass durch die Deftigkeit der möglichen Manipulationen eine Aufnahme so klingt, wie im optischen Bereich eine ungünstig geliftete Person aussieht.
Zudem habe ich manchmal den Eindruck, dass manch talentierter Computerfreak das digitale System fast total im Griff, leider aber keine Ahnung von Akustik und dem geschickten Umgang damit hat.
Bist Du nun DER Pionier, der die Vorteile von analoger und digitaler Technik miteinander verbindet?
Ich bin kein Pionier. Ich tue das einfach aus Überzeugung, Erfahrung, Fachwissen und Beobachtung. Bestätigung und Unterstützung erhalte ich aus der Tatsache, dass die meisten grossen und bedeutenden Tonschaffenden (quasi die internationalen Vorbilder) weltweit so arbeiten. Die meisten wirklich grossartig klingenden Produktionen werden heute mehr oder weniger mit einem System wie z.B. ProTools gemacht, mit Einbinden von analogen Komponenten an den entscheidenden Stellen im Prozess.
Wobei die Erkenntnis wichtig ist: Tonmensch muss wissen, was er tut, muss genau kennen, was wann wo warum was beeinflusst und warum was wann wo passiert. Dann wird’s schlussendlich fast egal, mit welchem System man was aufnimmt.
Die neuen Technologien erlauben den Benutzenden ein scheinbar unbegrenztes Do-it-yourself-Verhalten; so denken viele, dass sie z.B. keine GrafikerInnen, FotografInnen etc. mehr brauchen, weil ihre Geräte und Programme zuhause fast alles zu können scheinen – mit entsprechenden oft miserablen Resultaten. Braucht’s heute eigentlich noch TonmeisterInnen? Und wenn ja: Was müsste sie auszeichnen?
Das hat was. Aufnehmen als solches, finde ich, können viele. Ein gutes Mikrophon mit passender Peripherie und vor allem musikalische Kenntnisse führen zu schönen Aufnahmen. Wobei: auch hier ist ein Unterschied zu hören zwischen den Aufnahmen vom erfahrenen Geübten und dem Bastler.
Das Abmischen hingegen ist schon schwieriger. Ich erlaube mir, auch wenn’s ganz schön unvorsichtig arrogant ist von mir, zu behaupten: Mischen, das kann nicht jede/r. Da braucht’s Erfahrung und «absolutes Tontechnik im Griff» haben.
Bilder aus dem Mix & Mastering Cockpit – Fotos: wwwEM
Wie dürfen wir uns Deinen Wiedereinstieg vorstellen? Stehst Du auch als Tonmeister wieder zur Verfügung? Was genau bietest Du an? Und kannst Du den Laien unter uns erklären, was Mix und Mastering genau sind und worauf es dabei ankommt?
Ich habe das Glück, dass ich zusammen mit Michael Schoch, einem jungen talentierten Mann, der vor allem eigene «Beats» kreieren will, ein eigenes Studio so einrichten konnte, dass ich dort unter besten Bedingungen und unter Berücksichtigung meines jetzigen Status’ als Teilzeit-Tonmeister mischen und mastern kann. So entstand aus seinem Cockpit Music-Studio das Mix und Mastering Cockpit: Zwei Studios in einem!
Mischen ist der Prozess, bei dem die einzelnen Spuren, Musikinstrumente, Gesänge zu einem Ganzen zusammengemixt werden. Hier entscheidet sich das Verhältnis der Instrumente untereinander, es entsteht der finale Sound.
Mastering ist der Prozess, bei dem das ganze Zusammengemischte «heil», wohlklingend, druckvoll, laut, präsent und die einzelnen Titel untereinander abgeglichen auf die End-CD gebracht werden.
Das tönt nach aufwändigen Arbeiten. Welche Kosten sind heute bei Dir dafür zu erwarten?
Als grobe Tarif-Richtlinie folgende Überlegung: Für einen konventionellen Mix eines Albums mit 12 – 14 Titeln hat man bis vor kurzem ca. 8 Tage in einem Studio gearbeitet. Das kostete so ca. CHF 8’500 bis 12’000. Das Mastering kostete zusätzlich schnell einmal so um die CHF 1’500 bis 2’000.
Heute mixe ich an einem solchen Projekt lieber einen Monat lang, mit coolen Arbeitsphasen und sinnvollen Erholungspausen, im eigenen Studio, und schaue, dass es eher billiger kommt. Wobei: der Tarif wird bestimmt durch meinen persönlichen Aufwand (Stunden pro Song), das Budget und die Verkaufsaussichten der Band und schlussendlich dadurch, ob ich in dieser Zeit grad viele Buchungen habe oder nicht (wie bei Easy Jet).
Was tut jemand am besten, wenn er sich von Dir beraten oder fachmännisch begleiten lassen möchte?
Meine neue Website http://www.ericmerz.ch anschauen und mir dann eine E-Mail schicken.
Welches waren die ersten Arbeiten seit Deinem Wiedereinstieg? Was kommt als Nächstes?
2008 als erstes ein Remix der «Live»-Version eines Songs von Tinu Heiniger. Dann ein Mastering einer früheren Vynil-Scheibe von Span, das Remastering von alten französischen Arlette-Zola-Hits und das Mastering für den Vokalkünstler Martin O.
In diesem Jahr durfte ich das Solo-Album von Ex-Span-Drummer Matti mischen und mastern, bei Polo Hofer fünf Songs mischen und die ganze CD mastern, und zum Zeitpunkt, in dem ich diese Antworten schreibe, arbeite ich am Mix des Albums mit «Wolf und die Schmetterband». Weitere Bands haben angefragt, und es wird sich zeigen, was daraus entstehen wird.
Zum Schluss eine grundsätzliche Frage: Was hälst Du von der These von Ane Hebeisen (Artikel in «Der Bund» vom 16.5.09), wonach immer mehr Leute infolge von mp3-Formaten und immer mehr miesen Lautsprechern und kleinsten Kopfhörern den «guten Ton» gar nicht mehr kennen und ihn deshalb vielleicht auch gar nicht mehr suchen?
Dem stimme ich voll zu. Dies trifft leider nicht nur auf KonsumentInnen, sondern auch auf einen Teil der Tonschaffenden zu. Wer nicht weiss, wie etwas klingt, hat auch keine Vorstellung davon und gibt sich mit wenig zufrieden. Es ist ähnlich wie mit dem Essen und Weintrinken! Wer seit Jahren immer ein süffiges, künstlich aromatisiertes, immer gleich mundendes als Wein bezeichnetes Getränk zu sich genommen hat, findet eine Konfrontation mit einem edlen Bordeaux oder einem echten Italiener eventuell grässlich.
Polo Hofer, Sylvie Widmer (Soundservice) und Eric Merz (v.l.n.r.) und die «Goldene» für «Härzbluet» (2000) – Foto: zvg
Aus der Website von Eric Merz:
In den dreissig Jahren als Tonvollprofi arbeitete Eric Merz u.a. mit den folgenden KünstlerInnen und Gruppen zusammen (zufällige Reihenfolge):
Hannery Amman (Rumpestilz und Mix Soloalbum), Tony Vescoli (Mix 3 Alben), Dodo Hug (Aufnahme und Mix 5 Alben), Andreas Vollenweider (Aufnahme und Mix der ersten 8 Alben, darunter «Down to the Moon», welches mit einem Grammy ausgezeichnet wurde), Natacha (Aufnahme und Mix des 1. Album), Peter Reber (2 Alben), Peter Sue & Marc (Beteiligung an allen Aufnahmen), Pfuri Gorps & Kniri (2 Singles), Gotthard (Mix Album «Defrostet»), Airbag (Mix 2 Alben), Egon Egemann (div.), Florian Ast (Mix 1. Album und div. Singles), Paola (div. Singles), Michael von der Heide (Mix 1. Album), Patent Ochsner (Aufnahme und Mix 3 Alben, u.a. das schöne Lied «W.Nuss vo Bümpliz», Mix Live CD), Vollmond (Mix 1 Album), Ertlif (Assistenz in jungen Jahren und Mix 3 Titel später), Pepe Lienhard (Aufnahme und Mix div. Songs, u.a. «Swiss Lady»), Hazy Osterwald (Singles, 1 Album), Mash (Aufnahme und Mix «Ewigi Liäbi»- Album), Span (3 Alben), Sina (4 Alben), Polo Hofer (Mitwirkung an allen Aufnahmen, z.T. als Co-Produzent), Rumpelstilz bis Schmetterband), Nella Martinetti (Aufnahme und Mix 1 Album BFU für Kinder, Verkehrsicherheit), Züri West (Aufnahme und Mix 3 Alben, u.a. das schöne Lied «I schänke Dir mis Härz»), Max Lässer (Mix ca.5 Alben), Hot Strings,(Aufnahme und Mix 2 Alben), Roland Zoss (Mix 2 Alben), The Hot Socks (Aufnahme und Mix 2 Alben), The Jackys(div. Alben), John Brack (1 Album), the Dorados (Vocals-Aufnahme und Mix Singles und 1 Album), Tinu Heiniger (Aufnahme und Mix unzähliger Alben), Stefan Sulke(Aufnahme, Mix und Assistenz div. einzelne Titel), Little Venus (3 Alben), Werner Widmer, Slapstick, Dänu Brüggemann, Rään (Mix alle Alben), Calimeros (witzige, scherzhafte Erschaffung dieses für die drei ersten Alben typischen Soundes, der mit Gold und Platin ausgezeichnet wurde), Phil Carmen (Aufnahme und Mix 2 Alben), Tschou zäme (Mix), Peter Hinnen, Matter-Rock (Aufnahme und Mix), Keith Richards (als Assistent bei Overdubs für 1 Song ), Veronique Müller (Mix 1 Album), Betty Legler (Mix 1 Song), Trio Grande (Aufnahme und Mix 1 Album), Starfish (Mix 1 Album), Slapstick (Aufnahme und Mix 3 Alben), Ocean (Aufnahme und Mix 2 Alben), Gianni Spano, Guy Magey, Two Tunes (Mix 2 Alben), Phon Roll (Aufnahme und Mix 2 Alben), Apollyon Sun, Groupe, Souling-Crash, Back to Earth (Mix 3 Alben), Longstreet Jazzband, Walter Lietha (Aufnahme und Mix 2 Alben), Im Bode Band (Aufnahme & Mix 1 Album), Markus Traber (1 Album), Stefan Eicher (Song «Alpeflug» mit Züri West für Album «Matter-Rock»), Ruedi Krebs (Aufnahme und Mix), Mod On, Daniel Erni, Koreana (Aufnahme und Mix erstes Album), Büne Huber (Aufnahme und Mix Solo Album), Betterworld (Album «Positiv» Aufnahme und Mix), Herz (Nachfolge von Taxi, Aufnahme und Mix LP «4 Männer»), Wild Bill Davison (Liviges direct Recording im Studio, 1 Album), Oscar Klein, Hoity Toity (Mix), Sue Shell (ex-Peter Sue & Marc, Aufnahme und Mix 1 Soloalbum) The Shellyfish Kiss (Mix 1 Album), Cyrano (Mix 1 Album «Blue Train»), Lovebugs (Mix 1 Album «Tart»), Danu Brüggemann (Div.Aufnahmen & Mix), Ciderman (heute Marvin, Mix 1 Album).
Und Weitere…….
Eric Merz – Foto: wwwEM
Kontakt:
E-Mail: schnoutz@ericmerz.ch
Internet: http://www.ericmerz.ch/
Kommentare von Daniel Leutenegger