12. Juni 2014
«Anti-Schwarzer Rassismus wird oft verharmlost»
Die Eidgenössische Kommission gegen Rassismus (EKR) publiziert eine Nummer des «TANGRAM» zum Thema anti-Schwarzer Rassismus. Sie möchte damit auf ein Phänomen aufmerksam machen, «das noch allzu oft verharmlost oder auf die Empfindlichkeit der Opfer zurückgeführt wird».
Bild: EKR
Rassistisch motivierte Beschimpfungen von Schwarzen und viele allgemein bekannte Stereotype über Afrika und die Afrikaner haben ihre Wurzeln in einer nicht allzu weit zurückliegenden kolonialen Vergangenheit, die auch in der Schweiz ihre Spuren hinterlassen hat.
Wer verstehen will, was anti-Schwarzer Rassismus bedeutet und welche Wirkung rassistische Beschimpfungen – aber auch bestimmte stereotype Begriffe oder Bilder – auf die Opfer haben, sollte sich dessen bewusst sein.
Die Politologin Noémi Michel erklärt, dass heutige Äusserungen mit rassistischem Hintergrund eine lange Geschichte der Ausgrenzung und Gewalt aufleben lassen. Die Forscherin erläutert die verletzende Wirkung rassistischer Äusserungen und macht darauf aufmerksam, dass man öffentlich geäusserte Proteste gegen rassistische Äusserungen als Appelle an die Gerechtigkeit verstehen sollte.
André Loembé stellt in seinem Beitrag über sogenannte «gemischte» Paare fest, dass diese noch immer als «abnorm» betrachtet und ihre Kinder von der Gesellschaft systematisch als Schwarze kategorisiert werden, wodurch ein Teil ihrer Identität in den Hintergrund gedrängt wird.
Ein häufiges Problem sind auch Polizeikontrollen aufgrund eines Täterprofils, das allein auf die Hautfarbe ausgerichtet ist, das sog. «racial profiling». Denise Graf befasst sich seit vielen Jahren mit diesem Thema und stellt fest, dass «racial profiling» für die Opfer immer eine Traumatisierung darstellt, das ein Gefühl der Demütigung, der Ausgrenzung und der Machtlosigkeit gegenüber einer nicht nachvollziehbaren Willkür hinterlässt. Die Angebote der Opferhilfestellen führen nach Ansicht der Juristin häufig zu keiner Lösung, sondern eher zu einer erneuten Traumatisierung.
Diskriminierungen gegenüber Schwarzen gibt es auch auf dem Schweizer Arbeitsmarkt. Ein Beitrag erläutert die Ergebnisse einer an der Hochschule für Soziale Arbeit in Genf durchgeführten Forschung von Jules Mapatano und des Soziologen Claudio Bolzman zur Situation von Hochqualifizierten afrikanischer Herkunft auf dem Schweizer Arbeitsmarkt.
Mit dieser Nummer des «TANGRAM» möchte die EKR die Forschungstätigkeit über den anti-Schwarzen Rassismus anregen. Sie macht darauf aufmerksam, wie wichtig es ist, «allzu oft unterschätzte oder verharmloste Tatsachen zu erkennen, zu dokumentieren und auch zu denunzieren».
ekr
Kontakt:
Martine Brunschwig Graf, Präsidentin der EKR, 079 507 38 00, E-Mail: martine@brunschwiggraf.ch
Joëlle Scacchi, Kommunikationsverantwortliche der EKR, 078 710 44 75, E-Mail: joelle.scacchi@gs-edi.admin.ch
Kommentare von Daniel Leutenegger