27. Februar 2014
Neue Schweizer Literaturlandkarte ist online
Aus Anlass des Schweizer Auftritts als Schwerpunktland der diesjährigen Leipziger Buchmesse ist ab sofort eine neue Darstellung des Literaturlandes Schweiz im Netz verfügbar:
Bild oben: «Liebeskarte»
Unter www.literatur-karten.ch zeigt eine Literaturlandkarte, wie eng die Schweiz als Schauplatz und Lebensort in die deutsche Literatur eingebunden ist.
Thomas Mann schrieb über Davos, Hermann Hesse über das Tessin, Friedrich Schiller über die Hohle Gasse.
140 literarische Schauplätze sind auf der elektronischen Literaturlandkarte versammelt, die ein deutsch-schweizerisches Wissenschaftlerinnen-Duo entwickelt hat. Barbara Piatti erarbeitete die Inhalte, Anne-Kathrin Weber zeichnet für die kartografische und technische Umsetzung verantwortlich.*
Sechs interaktive Karten
Eine Auswahl von literarischen Werken aus zwei Jahrhunderten wird auf sechs interaktiven Literaturlandkarten erschlossen und in oft überraschenden Aspekten zugänglich gemacht: Die Karte enthält eine Auswahl von Werken schweizerischer Autorinnen und Autoren aller vier Landessprachen sowie der deutschen und österreichischen Literatur vom 18. Jahrhundert bis in die unmittelbare Gegenwart.
Gemeinsames Kriterium war, dass ein Ort in der Schweiz beschrieben, verfremdet oder erträumt ist. Dieser Ort wird anhand von Zitaten identifiziert und mit Angaben zum Werk, zur Biographie und zur Geographie vorgestellt.
Das Material kann nach verschiedenen Kriterien gefiltert werden:
Eine «Liebeskarte» listet Geschlechterbindungen in unterschiedlichen Schattierungen (von der «erotischen Szene» bis zur «unerfüllten Liebe») auf.
Eine Karte der «Zukunftslandschaften» zeigt, wo die Schweiz als Schauplatz von Zukunftsvisionen und Alternativgeschichten verortet wird.
Die vor allem in der Schweizer Literatur beliebten Verfremdungen (Kellers «Seldwyla», Dürrenmatts «Güllen») sind ebenso verzeichnet wie die literarischen «Mord- und Todesfälle» und die «Gedankenreisen» an schweizerische Traum-, Erinnerungs- und Sehnsuchtsorte.
«Territorium eines gemeinsamen kulturellen Erbes«
»Unsere Karte ist ein Schaufenster. Sie zeigt das Territorium eines gemeinsam geschaffenen kulturellen Erbes, das in dieser Zusammenstellung erstmals sichtbar wird«, erklärt Barbara Piatti, Autorin des Kartenwerks.
Unter den bisher weniger bekannten Schweizer Schauplätzen der deutschen Literatur finden sich Jean Pauls Ballonfahrt über die Alpen, Gustav Meyrinks Äusserungen über Montreux, Hugo Balls nachdadaistischer Varieté-Roman »Flametti» mit Schauplätzen in Basel und Zürich, Stefan Zweigs Flüchtlingsgeschichte am Genfersee und Wilhelm Genazinos Interlaken-Szenen.
Als literarische Trouvaillen wertet Barbara Piatti auch die Texte Paul Heyses über Bern (entstanden in Zusammenarbeit mit Gottfried Keller), W.G. Sebalds über das Wallis und Thomas Klings über eine Zürcher Galerie.
Als Beispiel für neu zutage geförderte literarische Nachbarschaften nennt Piatti die Bodenseeregion, wo Peter Stamm, Carl Sternheim und Franz Hodjak aufeinandertreffen, oder auch den Schauplatz Zürich, den sich Alfred Döblin, Klaus Mann, Wolfgang Koeppen, Franz Hohler und Melinda Nadi Abonji teilen.
Die Literaturlandkarte ist im Auftrag der Schweizerischen Botschaft in der Bundesrepublik Deutschland für den «Auftritt Schweiz» an der Leipziger Buchmesse entwickelt worden. Dort wird sie am Schweizer Gemeinschaftsstand in Halle 4 präsentiert.
Unter der Rubrik «Schauplatzwünsche» können Nutzerinnen und Nutzer während der Dauer der Buchmesse Kommentare und Anregungen abgeben.
*Dr. Barbara Piatti und Dr. des. Anne-Kathrin Weber haben von 2007-2013 an der ETH Zürich gemeinsam am Forschungsprojekt «Ein literarischer Atlas Europas» (www.literaturatlas.eu) gearbeitet, das zum Referenzprojekt für das wachsende, internationale Feld der Literaturgeographie und -kartographie geworden ist.
cp
Kontakt:
http://www.auftritt-schweiz.ch/de/aktuell/neue-schweizer-literaturlandkarte-online
—
Kommentar von Martin Ebel:
http://www.derbund.ch/kultur/diverses/Hier-liebten-sie-hier-starben-sie-/story/283942
—
Auf dieser Webseite u.a. erschienen:
Perspektiven einer Geographie der Literatur
Wo spielt Literatur? Diese vermeintlich simple Frage eröffnet ein erst in Ansätzen etabliertes Forschungsgebiet: die Literaturgeographie.
https://www.ch-cultura.ch/theater-kabarett-literatur/perspektiven-einer-geographie-der-literatur
Kommentare von Daniel Leutenegger