16. Dezember 2015
Schweizer Presserat: Anwaltschaftlicher Journalismus in diesem Fall erlaubt
Thema: Meinungspluralismus / Trennung von Fakten und Kommentar / Anhörung bei schweren Vorwürfen / Umgang mit Leserbriefen
Stellungnahme 46/2015 (www.presserat.ch/_46_2015.htm)
Dokument zum Download:
46-2015-x-c-st-gallertagblatt.pdf
Parteien: X. c. «St. Galler Tagblatt»
Thema: Meinungspluralismus / Trennung von Fakten und Kommentar / Anhörung bei schweren Vorwürfen / Umgang mit Leserbriefen
Beschwerde abgewiesen
Zusammenfassung
Anwaltschaftlicher Journalismus erlaubt
Der Leiter des Amts für Mittelschulen im St. Galler Bildungsdepartement wirft dem «St. Galler Tagblatt» parteiischen Journalismus vor und beschwerte sich beim Schweizer Presserat. Dies, weil die Zeitung über eine langjährig schwelende Krise zwischen einem Lehrer und seinem Rektor geschrieben hatte und dem Amt für Mittelschulen unterlassene Hilfestellung vorwarf.
Darf sich ein Journalist sozusagen anwaltschaftlich für einen unbestritten bestens ausgewiesenen Mathematiklehrer einsetzen, der sich als Mobbingopfer im Kontext einer grösseren, bildungspolitischen Krise sieht?
Ja, sagt der Presserat, wenn der Journalist wie in diesem Fall mangelhafte amtliche Strukturen anprangert und moniert, eine Lösung sei jahrelang verschleppt worden. Weil der Kanton St. Gallen die Aufsichtskommission auflöste, schaffte er just jene Kontrollinstanz ab, die bei Konflikten zwischen Lehrerschaft und Rektorat vermitteln müsste.
Der Vorwurf der Zeitung, dass das Amt für Mittelschulen als nächste Instanz den Lehrer nicht einmal anhören, sondern «das Problem aussitzen» wollte, ist unter diesen Umständen kein «diffamierender» Vorwurf an den Amtsleiter. Dieser hätte auch Gelegenheit gehabt, sich dazu zu äussern. Er unterliess dies aber mit Verweis auf laufende Verfahren und offizielle Nichtzuständigkeit. Der Presserat lehnt die Beschwerde ab.
ots
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Kommentare von Daniel Leutenegger