23. Dezember 2015
SCHWEIZER PRESSERAT: «»Blick« verletzt Intimsphäre der Bachelorette»
Zwei neue Stellungnahmen des Schweizer Presserats
Schweizer Presserat: «Blick» verletzt Intimsphäre der Bachelorette; Stellungnahme 47/2015 (presserat.ch/_47_2015.htm)
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Parteien: X. c. «Blick.ch»
Thema: Privatsphäre
Beschwerde gutgeheissen
Zusammenfassung
«Blick» verletzt Intimsphäre der Bachelorette
Das Onlineportal «Blick.ch» hatte sich einen Instagram-Post der Bachelorette Frieda Hodel genauer angesehen. Es ging um ein Foto ihres Kühlschranks samt Inhalt. Hodel wollte damit thematisieren, dass sie nach ihrer Rückkehr von Dreharbeiten in Thailand gesunde Sachen wie Früchte und Gemüse essen wolle. «Blick.ch» entdeckte aber in der Seitentüre des Kühlschranks eine Packung Vaginaltabletten. Daraus entstand ein Artikel, der über das Sexualleben von Frieda Hodel spekuliert und sich nicht nur fragt, wieso wohl Hodel dieses Medikament braucht, sondern auch zu wissen scheint warum. Der Artikel basierte auf reinen Vermutungen der Redaktion. Hodel wollte dazu keine Stellung nehmen.
Für den Presserat verletzt dieser Artikel eindeutig Frieda Hodels Intimsphäre. «Blick.ch» durfte zwar das Foto des Kühlschranks publizieren, da es sich bei Frieda Hodel um eine öffentliche Person handelt und das Foto im Zusammenhang mit ihrer Prominenz als Bachelorette stand. Aber das Portal hätte das auf den ersten Blick kaum sichtbare Medikament nicht thematisieren dürfen.
Schweizer Presserat: Wenn sich zwei Aussagen widersprechen, sind beide zu nennen; Stellungnahme 49/2015 (presserat.ch/_49_2015.htm)
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49-2015-luescher-c-lhebdo-stn.pdf
PDF – 94 kB
Parteien: Lüscher c. «L’Hebdo»
Thema: Wahrheitspflicht / Unterschlagen wichtiger Informationselemente / Entstellen von Bildern / Berichtigung
Beschwerde teilweise gutgeheissen
Zusammenfassung
Wenn sich zwei Aussagen widersprechen, sind beide zu nennen
Unter dem Titel «Die seltsamen Verrenkungen von Christian Lüscher» wies die Zeitschrift «L’Hebdo» am 19. März 2015 auf einen eventuellen «Interessenkonflikt» Lüschers in seiner Funktion als freisinniger Genfer Nationalrat hin. Zum einen verteidige er als Anwalt die Interessen seines Klienten, des Sohns von General Abacha, welcher angeklagt ist, seinem Vater in den 90er Jahren bei der Veruntreuung von Millionen geholfen zu haben. Andererseits war er als Parlamentarier und Mitglied der Kommission für Rechtsfragen dazu aufgerufen, darüber zu befinden, wie diese Gelder der übervorteilten Bevölkerung am Besten zurückerstattet werden können.
«L’Hebdo» zitiert einen sich kritisch äussernden sozialdemokratischen Parlamentarier, welcher erklärte, Lüscher habe seinen «Interessenkonflikt» nicht offengelegt. Hingegen verschweigt das Magazin die Aussage eines christlichdemokratischen Nationalrats, welcher angab, Christian Lüscher habe während der Beratung der Gesetzesvorlage über Potentatengelder in der Rechtskommission spontan auf sein Anwaltsmandat hingewiesen, ohne jedoch das Datum dieser Aussage näher benennen zu können. «L’Hebdo» stützte sich dabei auf ein Protokoll der Kommission, von dem das Magazin Kenntnis hatte. Dieses erwähnte keine entsprechende Intervention Lüschers während der Sitzung.
Der Schweizer Presserat sieht in diesem Vorgehen eine Verletzung von Ziffer 3 der «Erklärung der Pflichten und Rechte der Journalistinnen und Journalisten» begründet. Sie verlangt von Journalisten, keine wichtigen Elemente von Informationen zu unterschlagen. Der Presserat ruft in Erinnerung, dass Medien nicht verpflichtet sind, alle Informationen, die sie im Rahmen einer Recherche zusammen getragen haben, zu veröffentlichen. Vorliegend lagen zwei gegensätzliche Aussagen vor. Gerechterweise hätte deshalb die Lüscher entlastende Aussage des christlichdemokratischen Parlamentariers erwähnt werden müssen, auch wenn das Datum der Intervention Lüschers in der Kommission unklar blieb.
ots
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Kommentare von Daniel Leutenegger