19. April 2014
«BILL VIOLA: PASSIONS» – Menschliche Grunderfahrungen bildkräftig inszeniert
Ausstellung des Kunstmuseums Bern in Zusammenarbeit mit der Münstergemeinde Bern, bis am 20. Juli 2014
Bild: Bill Viola, Ablutions, 2005. Video-Diptychon, Farbe, Plasmabildschirm, 101.5 x 122 x 10.8 cm, 7:01 Minuten. Darstellende: Lisa Rhoden, Jeff Mills. Foto: Kira Perov
Bill Viola (geb. 1951 in New York) gilt als einer der international anerkanntesten Vertreter der Videokunst. Gemeinsam mit der Münstergemeinde Bern präsentiert das Kunstmuseum Bern die erste Einzelausstellung des Ausnahmekünstlers in der Schweiz seit 1993 im Musée cantonal des Beaux-Arts Lausanne.
Während im Berner Münster die neueren Videowerke spirituellen Inhalts im Zentrum stehen, präsentiert das Kunstmuseum Bern frühe Werke aus der hauseigenen Sammlung, welche den wahrnehmungstheoretischen Fragen der Videokunst gewidmet sind.
Seit mehr als 30 Jahren erschafft Bill Viola Videoinstallationen, Sound-Environments, elektronische Musikperformances und Fernsehproduktionen. Er hat einen wesentlichen Beitrag zur Etablierung von Video als einem zentralen Medium der zeitgenössischen Kunst geleistet und hat dessen Spektrum in Bezug auf die Technologie, die Inhalte und die historischen Bezüge erweitert.
Hinwendung zu spirituellen Fragestellungen
Violas Videoprojektionen umhüllen den Betrachter in Bild- und Tonwelten, die mit neuester Technologie erstellt werden und die sich durch ihre Präzision und Bildkraft auszeichnen. Seit den 1990er-Jahren ist in Violas Werk eine verstärkte Hinwendung zu universell menschlichen Erfahrungen und spirituellen Fragestellungen auszumachen. Er setzt sich mit Grunderfahrungen des menschlichen Seins wie Geburt, Erinnerung, Tod und Bewusstwerdung auseinander.
Viola hat in den 1970er-Jahren einen interdisziplinären Studiengang in Bildender Kunst und elektronischer Musik an der Syracuse University in New York und in den Experimental Studios am College of Visual and Performing Arts absolviert. Er belegte Lehrveranstaltungen in östlicher Philosophie, Wahrnehmungstheorien, Physik, Elektronik, Religion und Mystik – Themen also, die auch heute noch in seinem Werk aufscheinen. Doch werden die Menschen in seinen Werken ungeachtet ihrer kulturellen, historischen oder religiösen Verhaftung von ähnlichen existenziellen Fragen umgetrieben.
Überblick über das reichhaltige Schaffen
des Bildmagiers Viola
Das Kunstmuseum Bern hat schon in den 1990er-Jahren Werke von Viola angekauft und damit einen Pionier der Videokunst in seiner Sammlung verankert. Die vier für die Ausstellung ausgewählten Werke – ein bis zwei Videoprojektion pro Raum über das Museum verteilt – zeigen Bill Violas Beschäftigung mit den Phänomenen der Sinneswahrnehmung und mit ihrem Anteil an der Selbsterkenntnis des Menschen.
Im Berner Münster werden fünf neuere Arbeiten des Bildmagiers gezeigt, die Themen wie Reinigung, Wandlung, Leiden und Anteilnahme in den Fokus nehmen.
Die beiden Ausstellungsorte zusammen machen Violas stilistische und inhaltliche Entwicklung sichtbar und bieten einen Überblick über das reichhaltige Schaffen des amerikanischen Künstlers.
Eindrucksvoller Dialog von Tradition und
Gegenwart
Mit seinen Videoarbeiten reiht sich Viola ein in die lange Tradition der Menschendarstellungen und der existentiellen Themen in der Kunst. In der eindrucksvollen Umgebung des Berner Münsters treten die lyrischen Videofilme von Bill Viola in einen Dialog mit den christlichen Darstellungen von Leidenserfahrungen in Glasmalerei und Skulptur, die heute für viele schwer zu deuten sind.
Der Ausstellungstitel Passions bezieht sich nicht nur auf die Passionszeit, in die die Eröffnung der Ausstellung fällt, sondern auch auf die Passion als urchristliche Erfahrung und auf den Umstand, dass sich Menschlichkeit vor allem im Umgang mit Schmerz und Unglück artikuliert.
Viola greift aber nicht rein christliche Themen auf, er zeigt weltliche Erlebnisse und Ereignisse, welche durch die Gegenüberstellung mit traditionell christlicher Kunst im religiösen Kontext des Berner Münsters tiefere Einsichten in das Leben und das Menschliche eröffnen. Damit erschliesst Viola die Tradition dem zeitgenössischen Publikum neu und belebt sie mit neuen Erzählungen.
kmb
Kontakt:
http://www.kunstmuseumbern.ch/
Kommentare von Daniel Leutenegger