29. September 2025
«JAPAN DE LUXE – DIE KUNST DER SURIMONO-DRUCKE»
Ausstellung im Museum Rietberg, Zürich, bis am 12. Juli 2026

Bild: Sonsai Koitsu (aktiv um 1820–1840), Papier schöpfen, Edo-Zeit, 1823 © Museum Rietberg
Mit der Ausstellung «Japan de luxe – Die Kunst der Surimono-Drucke» widmet sich das Museum Rietberg den Surimono, jener Sonderform des japanischen Farbholzschnitts, die im späten 18. bis Mitte des 19. Jahrhunderts entstand. Diese Farbholzschnitte sind aber alles andere als nur «gedruckte Dinge», wie Surimono wörtlich übersetzt heisst. Kunstvoll gestaltet, aufwändig gedruckt auf hochwertigem, ungeleimtem hösho-Papier ist jedes Blatt ein Gesamtkunstwerk. Der Präge- und Blinddruck verleiht den Blättern besondere Tiefe und Struktur. Prächtig dekoriert mit leuchtenden Farben sowie kostbaren Edelmetallpigmenten wie Gold und Silber, sind Surimono «Luxus pur».
Gestaltet wurden diese Meisterwerke in Verbindung von geistreichen Versen, symbolträchtiger Bildsprache und höchstem handwerklichen Können. In kleinen Auflagen von 50 bis 500 Exemplaren gedruckt, entstanden sie als exklusive Auftragsarbeiten im städtischen bürgerlichen Milieu.

Bild: Urheber:in unbekannt, Der Höhepunkt des Affenjahres, Edo-Zeit, 1860 © Museum Rietberg
Häufig waren sie auch Statussymbole für einen erlesenen Kreis und können als Spiegelbild der damaligen Gesellschaft betrachtet werden. Zur Beherrschung dieses Kunsthandwerks benötigten die Dichterinnen und Dichter ebenso wie Maler und Holzschnittkünstler weit mehr als poetisches und bildnerisches Talent. Gefordert waren ein tiefes Wissen über Literatur und Geschichte sowie eine Vertrautheit mit klassischen Bildtraditionen.
Saisonale Feste, private oder berufliche Veränderungen sowie besondere kulturelle Ereignisse boten Gelegenheiten für die Anfertigung dieser luxuriösen Grusskarten. Dabei erfreuten sich Schenkende und Beschenkte nicht nur an der exquisiten Gestaltung, sondern auch an den zahlreichen literarischen und kulturellen Anspielungen, die sich in den Gedichten und Bildmotiven verbargen.
Literarische Zirkel hielten mit Surimono Ergebnisse von Gedichtwettbewerben fest. Daher liefern Surimono Einblicke in die Vielfalt der damaligen Literaturszene. In der Region um Kyoto und Osaka verfassten Hobbydichte:innen kurze haikai-Verse (heute Haiku genannt). Oft wurden sie von Malern der bekannten Shijo-Schule mit heiteren, alltagsnahen Szenen illustriert. In Edo (heute Tokyo) dominierten die 31-silbigen Scherzgedichte, kyoka, verfasst von renommierten Literaten und von berühmten Holzschnittkünstlern wie Hokusai, Kunisada oder Shunman detailreich bebildert.
Kabuki-Fans würdigten wiederum mit Surimono grosse Auftritte oder Gedenktage berühmter Schauspieler. Somit dienten die edlen Drucke auch als wirkungsvolle Selbstvermarktung für Bühnenstars, die nebst ihrer Schauspielkunst bereits als Modevorbilder und Schönheitsideale gefeiert wurden.
Zwar konnten Surimono zu allen Jahreszeiten erscheinen, doch die meisten überlieferten Blätter wurden als Karten für Neujahr gedruckt – eine Zeit, in der Freundschaften erneuert und vernachlässigte Kontakte wiederbelebt wurden. Neujahrs-Surimono geben Aufschluss darüber, welche Symbole zur Jahreswende besonders beliebt waren oder welche Handlungen als glückbringend galten. Dadurch sind sie eine wertvolle Quelle, um die Alltagsgewohnheiten und die materielle Kultur des städtischen Bürgertums im Japan des späten 18. und frühen 19. Jahrhunderts zu verstehen.

Bild: Totoya Hokkei (1780–1850), Es ist gut, einen neuen Brunnen auszuheben, aus der Serie «Eine Serie für den Hanazono-Zirkel», Edo-Zeit, um 1824 © Museum Rietberg
«Japan de luxe – Die Kunst der Surimono-Drucke» zeigt über 100 Blätter, die hauptsächlich aus der Schenkung von Gisela Müller und Erich Gross stammen und erstmals öffentlich zu sehen sind. Die Ausstellung lädt Besuchende ein, die Eleganz, Poesie und die verborgenen Botschaften der Surimono zu entdecken.
An einer eigens eingerichteten Station am Eingang der Ausstellung können Besuchende ausserdem den mehrteiligen Prozess eines Farbendrucks hautnah erleben und selbst einen fünffarbigen Surimono zum Mitnehmen herstellen.
Aufgrund konservatorischer Anforderungen ist die Ausstellung in zwei Zeiträume (26.09.2025–15.02.2026 und 19.02.2026–12.07.2026) aufgeteilt. Während Ausstellungsraum und Textgruppen gleich bleiben, werden alle Surimono-Bilder Mitte Februar 2026 komplett ausgetauscht. Fans des japanischen Kunsthandwerks können daher ab dem 19. Februar zuvor nicht gezeigte Surimono ansehen und sich von Japan de luxe erneut verzaubern lassen.
mrz
Kontakt:
https://rietberg.ch/ausstellungen/2025-japan-de-luxe
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Kommentare von Daniel Leutenegger