7. August 2011
Die ersten Jahre Kunst der Nachkriegszeit
Kunstmuseum Winterthur, Ausstellung vom 21. August bis 20. November 2011

Bild: Alberto Giacometti, La main, 1947 – Foto: kmw
Die Kunst der ersten Jahre nach dem Zweiten Weltkrieg bietet ein äusserst lebendiges, vielfältiges Bild. Die Ausstellung im Kunstmuseum Winterthur wirft einen Blick aus europäischer Perspektive auf diese Epoche und versammelt ihre wesentlichen Vertreter aus Frankreich, Italien, Spanien, aber auch anderen Ländern und nicht zuletzt aus der Schweiz. Ein Seitenblick gilt der USA. Künstlerische Positionen – Gegensätze und Parallelen – werden anhand der Werkauswahl sichtbar.
Das Echo der inzwischen «klassischen» Moderne von Picasso, Braque und Kandinsky findet man in der École de Paris – bei Bazaine, Poliakoff, de Staël, van Velde. Dagegen meldeten Künstler abseits von Paris ihre Ansprüche an – der Holländer Appel und der Däne Jorn, ebenso Chaissac, Dubuffet und Kemeny mit ihrer primitivistischen Figuration. Einzelgänger wie der Dichter-Künstler Michaux suchten nach Wegen, um sich ausserhalb der künstlerischen Konventionen zu positionieren. Die überragende Figur im Paris jener Jahre war indes Giacometti, der mit seinen Skulpturen die Wahrnehmung herausforderte.
Die Nachkriegsjahre sind auch die Zeit der Materialbilder: Bogart und Tàpies versuchten damit über die reine Malerei hinauszugelangen. Noch etwas weiter gingen die Décollagisten Hains und Villeglé, die auf den Spuren von Dada und Surrealismus den Nouveau Réalisme vorbereiteten. In London entdeckte Hamilton sowohl das enigmatische Werk Duchamps wie die Bildwelt der Pop-Kultur.
In Zürich formierten sich die Konkreten – Bill, Graeser, Lohse und Loewensberg -, um das Erbe der konstruktiven Avantgarde weiter zu führen. Auf den Surrealismus bezogen sich dagegen Oppenheim, Tschumi, später Thomkins, während Richier, Stahly, Luginbühl und Robert Müller zu den wesentlichen neuen Plastikern zählten.
Kontinuität kennzeichnet zunächst das Geschehen in Italien: Marini griff auf eine mediterrane Archaik zurück, und Morandi formulierte die Welt im Stilleben. Doch bald schlugen Fontana und seine Freunde Castellani und Manzoni mit ihrer Auffassung des Raums neue Wege ein. Die Monochromie – auch sie eines der grossen Themen jener Jahre – beschäftigte nicht nur die Mailänder, sondern prägte auch Kleins blaue Bilder in Paris und Rainers Übermalungen in Wien, Vorläufer der Aktionsmalerei.
Die Kunst der Nachkriegsjahrzehnte ist in der Sammlung des Kunstmuseums Winterthur breit vertreten. Deshalb geht die umfangreich angelegte Ausstellung von den Beständen des Museums aus, die durch wichtige Leihgaben bereichert werden. Neben Gemälden und Skulpturen ist den Arbeiten auf Papier ein eigener Saal gewidmet. Es entsteht so ein Bild dieser wichtigen Periode im Spiegel einer der grossen Schweizer Museumssammlungen.
Die Vernissage findet am Samstag, 20. August 2011, 14.30-17 Uhr, statt; um 15 Uhr spricht Dr. Dieter Schwarz.
Es erscheint kein Katalog, da die Werke der Ausstellung in Band 4 des Sammlungskatalogs behandelt werden, der für Ende 2012 geplant ist.
kmw
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Kommentare von Daniel Leutenegger