17. November 2025
«KONKRETE KUNST. NEOCONCRETISMO. WIRKEN UND WIRKUNG DER ZÜRCHER KONKRETEN IN BRASILIEN»
Ausstellung im Museum Haus Konstruktiv Zürich, bis am 11. Januar 2026

Bild: «Konkrete Kunst. Neoconcretismo», Ausstellungsansicht Museum Haus Konstruktiv, 2025 – © 2025, ProLitteris, Zürich. Foto: Stefan Altenburger
Dass der Zürcher Konkrete Max Bill (1908–1994) mit seiner ersten grossen Einzelausstellung im Museu de Arte de São Paulo 1951 und der Teilnahme an der 1. Biennale von São Paulo im selben Jahr viel in der brasilianischen Kunstszene bewegt hat, wurde im Museum Haus Konstruktiv bereits in mehreren Ausstellungen skizziert. Belegt ist auch, dass die Brasilianerin Lygia Clark (1920–1988), eine Hauptvertreterin der 1959 initiierten Neoconcretismo-Bewegung, sich mit einigen ihrer Werke direkt auf Bill bezog. Wie stark der Einfluss Max Bills auf die Anfänge der konkreten Kunst in Brasilien tatsächlich war und welche anderen Vorläufer insbesondere für den Neoconcretismo eine Rolle spielten, ist bis heute Gegenstand des kunsthistorischen Diskurses, der in die Ausstellung im Haus Konstruktiv einfliesst.
Anlass für diese Ausstellung, die in engem Austausch mit dem Kunsthaus Zürich realisiert wurde, ist die dortige, von Cathérine Hug kuratierte Retrospektive Lygia Clark (*).
Unter dem Titel «Konkrete Kunst. Neoconcretismo – Wirken und Wirkung der Zürcher Konkreten in Brasilien» geht das Haus Konstruktiv dieser schweizerisch-brasilianischen Verbindung nach. In einem eigens dafür eingerichteten Kontextraum – einem Durchgang, der zur parallel stattfindenden Soloschau des brasilianischen Gegenwartskünstlers Artur Lescher (**) führt – fasst eine bebilderte Chronik die Schlüsselmomente in der Entwicklung konkreter Kunst in Brasilien zusammen. In der sogenannten Glasbox, einem Raum in der Passage zum Löwenbräu West laden Text-, Bild- und Filmmaterial dazu ein, sich weiter ins Thema zu vertiefen.
Im Hauptausstellungsraum liegt der Fokus auf frühen Werken von Max Bill. Elf von insgesamt achtzehn Arbeiten waren bereits 1951 in seiner Schau im Museu de Arte de São Paulo zu sehen und werden in den Bildlegenden entsprechend ausgewiesen.
Max Bill war als Architekt, Maler, Bildhauer, Grafiker, Designer und Ausstellungsmacher tätig. Besonders prägend war sein Engagement für die Vermittlung der konkreten Kunst. Seinen theoretischen Ansatz formulierte er erstmals 1936 – in Anlehnung an Theo van Doesburgs Text über die «Grundlagen der konkreten Malerei» – und arbeitete ihn in zahlreichen Schriften weiter aus, von denen einige auch im lateinamerikanischen Raum publiziert wurden. 1927/1928 hatte Max Bill als Student am Bauhaus Wassily Kandinksy, László Moholy-Nagy, Paul Klee und Josef Albers erlebt und wichtige Impulse erhalten, aus denen er eine eigenständige künstlerische Sprache entwickelte. Sie beruht auf Mass und Ordnung, eingebettet in ein rational nachvollziehbares, systematisch aufgebautes Konzept.
Exemplarisch für Bills künstlerische Methodik ist das grafische Schlüsselwerk quinze variations sur un même thème (1938): Ausgangspunkt ist eine Spirale, die aus einer komplexen Abfolge gleich langer Linien hervorgeht. Diese Linien sind so angeordnet, dass verschiedene geometrische Formen – etwa ein gleichseitiges Dreieck, ein Quadrat, ein regelmässiges Fünfeck und weitere – harmonisch ineinander übergehen. Das daraus resultierende Liniengefüge, das von einem regelmässigen Achteck begrenzt wird, wird auf den folgenden Blättern durch unterschiedliche Verfahren ergänzt, etwa durch den Einsatz von Farbe, die Überlagerung mit kreisförmigen Elementen oder die Verbindung der Schwer- und Eckpunkte. Es war die früheste der in Brasilien ausgestellten Arbeiten.
Max Bills Konzept der Moderne fiel in Brasilien auf fruchtbaren Boden – begünstigt durch Fortschrittsglauben und gesellschaftliche Umbrüche. Seit den 1920er-Jahren erlebte das Land eine rasche Urbanisierung und Industrialisierung, die ab 1945 weiter an Fahrt aufnahmen.
Kuratiert von Evelyne Bucher
hkz
Mehr:
https://admin.hauskonstruktiv.ch/assets/files/Medienmitteilung_Konkrete_Kunst_Neoconcretismo.pdf
https://admin.hauskonstruktiv.ch/assets/files/DE_Timeline_CI.pdf
Kontakt:
https://www.hauskonstruktiv.ch/
Auf ch-cultura.ch u.a. erschienen:
(*)
(**)
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Kommentare von Daniel Leutenegger