3. November 2022
BERN: NEUER BLICK AUF ALTBEWÄHRTE DIORAMEN
Die beliebten historischen Dioramen des Naturhistorischen Museums Bern sind buchstäblich in die Jahre gekommen: Die «Tiere Afrikas» und die «Tiere der Schweiz» sind über 80 Jahre alt und auch die «Tiere des Nordens» stammen aus den 1940er- bis 1960er-Jahren. Nun haben die klassischen Schaukästen eine Auffrischung erhalten: Einordnende, zeitgemässe multimediale Informationen rücken die «3D-Bilderbücher» ins rechte Licht und machen ihre historische Dimension sichtbar.
Bild oben: Geparde – Foto: © NMBE/Schaeublin
Unter anderem thematisiert das Museum in der «Afrika-Sammlung» das Thema «Sammlungsgut aus kolonialem Kontext», das in der ganzen Museumslandschaft vieldiskutiert ist. Die Dioramen führen aber auch in die Gegenwart: Sie zeigen, wie stark die Vielfalt des Lebens gefährdet ist und wie schnell Lebensraumverlust und Artensterben voranschreiten – in fernen Regionen und vor der Haustür.
Die Dioramen des Naturhistorischen Museums Bern, insbesondere die «Tiere Afrikas» und die «Tiere der Schweiz», sind die historischen Herzstücke des Museums. Sie haben Generationen von Besuchenden begeistert und ihnen nicht nur Tiere des afrikanischen Kontinents vor Augen geführt, sondern auch die wilde, oft ebenso unbekannte Natur vor der Haustüre.
Die klassischen Schaukästen, die «begehbaren Bilderbücher» mit ihren Inszenierungen und Akteuren sind noch heute Publikumslieblinge. Bei ihrer Entstehung in den Dreissigerjahren galten sie als «State of the Art» zoologischer Präparier- und Ausstellungskunst, doch die Darstellungsform ist in die Jahre gekommen. So wissen wir heute mehr denn je, dass Dioramen keine präzisen Wirklichkeitsabbildungen sind, sondern auch Interpretationen und Inszenierungen ihrer ErschafferInnen. Und oftmals war die Zusammenstellung ganz pragmatisch von der Verfügbarkeit von Objekten und von den Platzverhältnissen abhängig. Sie zeigen zuweilen Tiergruppen, die in der Natur nicht nebeneinander vorkommen.
Das Dioramen-Update will nicht nur vermitteln, dass die Naturbilder schon zum Zeitpunkt ihrer Entstehung oftmals idyllischer waren als die Realität. Auch der geschichtliche Kontext wird aufgearbeitet. So stammt ein grosser Teil der «Tiere Afrikas» aus den von Grossbritannien besetzten Gebieten Ostafrikas Kenia/Uganda. Die Grosswildjägerin Vivienne von Wattenwyl und ihr Vater Bernard erlegten die Tiere zwischen 1923 und 1924 auf einer Jagdsafari und liessen die Häute und Knochen nach Bern schaffen. Die beiden profitierten dabei mitunter von den kolonialen Strukturen, also von der Ausbeutung des Wissens und der Arbeitskraft der lokalen Bevölkerung.
Bis heute hat die Jagd auf Tiertrophäen auf dem afrikanischen Kontinent Tradition. Sie wird kontrovers diskutiert: Es existieren unzählige Interessenkonflikte, und der Grad zwischen Schutz und Nutzen der Natur ist schmal.
Ein neuer Blick auf heimische Lebenswelten
Nebst einer ausführlichen Eingangszone mit digitalen Fotoalben finden Besuchende bei jedem Diorama zusätzliche Informationen. Die Beschriftungen vermitteln nicht länger nur klassische Angaben wie Name oder Gefährdungsstatus eines Tiers, sondern zusätzliche wissenswerte Aspekte unter anderem zum Artenschwund und zur Lebensraumzerstörung. Diese betreffen nicht nur Tiere in der Fremde, sondern auch jene vor unserer Haustür. So erlaubt das Update einen neuen, differenzierten Blick auf die «Tiere der Schweiz».
Als dieser Dioramenteil 1941 eröffnet wurde, war die einheimische Tierwelt vielen Leuten praktisch unbekannt. Naturkundliche Bildbände oder Filme waren unerschwinglich oder nicht vorhanden. Heute können anhand dieser Dioramen hochaktuelle Themen wie beispielsweise die Lebensraumzerstörung und der Artenschwund verhandelt werden.
nmb
Mehr:
https://www.nmbe.ch/de/ausstellungen/tiere-afrikas
https://www.nmbe.ch/de/ausstellungen/tiere-der-schweiz
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Bild: Rotfüchse – Foto: © NMBE/Schaeublin
Kommentare von Daniel Leutenegger