4. Dezember 2024
«DENN IN DEN WÄLDERN SIND DINGE…»
Gruppenausstellung im Kunst(Zeug)Haus Rapperswil-Jona, bis am 2. Februar 2025
Bild: Lutz & Guggisberg, Bouquet, 2024, Acryl auf rohe Baumwolle, 150 x 120cm – Courtesy by the artists & Kunst(Zeug)Haus Rapperswil-Jona
Die thematische Gruppenausstellung mit dem Titel «Denn in den Wäldern sind Dinge…» zeigt Werke von fünf Kunstschaffenden und zwei Künstlerduos rund um das Thema Wald. Die Kunstwerke behandeln eines der wichtigsten ökologischen Systeme unserer Erde und regen die Auseinandersetzung mit unserer Beziehung dazu an. Sie sind in motivischer Anlehnung an den Wald oder im Wald entstanden. Thematisiert wird der Wald als mystischer Ort sowie als essenzieller Lebensraum von Tieren und Pflanzen. Zugleich wird der teilweise sorglose Umgang des Menschen mit der wertvollen Ressource zum Thema.
Der Wald ist eine lebenswichtige Ressource für den Menschen. Er liefert saubere Luft und Wasser und reguliert das Klima. Zudem dient der Wald als Erholungsraum der mentalen Gesundheit und bietet Möglichkeiten für Freizeitaktivitäten. Für viele Menschen ist er auch ein Sehnsuchtsort, ein Ort, um dem Ursprünglichen nachzugehen und Kraft zu tanken. Beim Streifzug durch den Wald lässt sich über das mannigfaltige Beziehungsgeflecht von uns Menschen mit der Erde, von Pflanzen und Tieren, von Sonne, Luft und Erde, von Wurzeln und Baumkronen sinnieren.
Bild: Broersen & Lukács, Mastering Bambi, 2010, Full HD Video 12;40 min, Courtesy AKINCI – Courtesy by the artists & Kunst(Zeug)Haus Rapperswil-Jona
Zwischen den Kunstwerken an den Wänden des Ausstellungsraums finden sich Gedichte zum grünen Lebensraum. Denn der Wald wird auch in der Literatur seit vielen hundert Jahren als Ort der Träume, Märchen und Mystik besungen und der menschliche Umgang damit wird kritisch reflektiert. Dies wird in der Ausstellung berücksichtigt und die Schau wird damit um eine literarische Ebene ergänzt.
Die Ausstellung zeigt Werke von Leonardo Bürgi, Marianne Engel, Monica Ursina Jäger, Margit Lukács & Persijn Broersen, Lutz & Guggisberg, Marcus Maeder und Viviana González Mendez.
Der Titel der Ausstellung rührt von einer Postkarte, die der Schriftsteller Franz Kafka (1883–1924) an den Schriftsteller Max Brod (1884-1968) schickte. «Denn in den Wäldern sind Dinge, über die nachzudenken man Jahre lang im Moos liegen könnte.» – Dies schrieb Kafka im Jahr 1918 von einer Böhmerwald-Reise an seinen Freund. 2024,
im Jahr des 100. Todestages von Kafka, beschreibt der Titel der Ausstellung den Wald als mystischen Ort und als Raum, in dem sich verschiedene Dinge versammeln.
Gerade in einem Land wie der Schweiz, in dem es kaum mehr ursprüngliche, vom Menschen nicht bearbeitete Natur gibt, fasziniert der Wald. Wir träumen von der Wildnis und der unberührten Natur. Die ausgestellten Künstler:innen und Literat:innen reflektieren darauf in ihren Arbeiten.
Bild: Monica Ursina Jäger, Phyto Futures 05, 2022, Pigmentprint und Chlorophyll auf Hahnemühle Papier, 107 x 168 cm. Sammlung Kunstmuseum Wallis – Courtesy by the artist & Kunst(Zeug)Haus Rapperswil-Jona
Die Kunstschaffenden und ihre Werke
Das Künstlerduo Lutz & Guggisberg wirft einen augenzwinkernden und zugleich ernsten Blick auf den Wald. Dessen neue Gemäldeserie ist ganz in Grüntönen gehalten. Die Farben und organischen Motive stehen für den Wald, wie wir ihn uns erträumen. Die gezeigten Sujets lassen den Wald fantastisch explodieren, erzählen von mystischen Träumen und lassen die Betrachtenden zugleich mit gewissen Motiven hart auf dem Boden der (überbesiedelten, städtischen) Realität des Waldes aufprallen.
Monica Ursina Jäger thematisiert die Ausbeutung natürlicher Ressourcen. Seit einigen Jahren arbeitet sie mit Chlorophyll, dem grünen Bestandteil von Pflanzen. In grossformatigen Tuschezeichnungen mit konstruierten Landschaften erforscht die Künstlerin die Rolle von Pflanzen in aktuellen und zukünftigen Umweltszenarien. Das Verhältnis von Mensch und Natur wird in ihrem Schaffen konstant hinterfragt. Nebst den Zeichnungen realisiert Jäger eine grosse Bodeninstallation aus Kohle. Holzkohle entsteht durch die Pyrolyse, ein Prozess, bei dem Holz unter Sauerstoffausschluss stark erhitzt wird. Wird dieses Holz aus nicht-nachhaltiger Forstwirtschaft gewonnen, kann dies zu Abholzung und Waldzerstörung führen. Jägers Arbeit soll zum Nachdenken darüber anregen.
Viviana González Méndez zeigt unter anderem Textilarbeiten, für deren Schaffensprozess sie mehrere Stunden durch den Joner Wald spazierte und die dabei wahrgenommenen Gerüche festhielt. Mit feinen Stickstichen schrieb sie die Dufteindrücke auf bunte Stoffschlaufen. Bezeichnungen wie «verrottetes Holz» sind dabei zu erwarten und überraschen nicht. Ein widersprüchlicheres – aber vielleicht realistisches Bild von einem Grossteil unserer Wälder – zeichnen Düfte wie «Abgas», die eher an dicht besiedelte Städte als an lauschige Grünoasen erinnern.
Das niederländische Künstlerduo Margit Lukács & Persijn Broersen löscht aus dem Disney-Filmklassiker Bambi sämtliche niedlichen, tierischen Hauptfiguren. Zurück bleibt ein Wald ohne Bambi. Ein Wald, den das Duo technisch erschafft und digital animiert. Ohne die harmonischen Tierbewohner:innen bleibt im Wald eine andere Realität zurück: Eine konstruierte Wildnis, in der die Natur zum Spiegel unserer eigenen Fantasien wird.
Die Werke von Marianne Engel sind unmittelbar vom Wald inspiriert. Der Wald ist eine magisch durchdrungene Welt. Ein besonderes Interesse hegt Engel für das natürliche Phänomen des Fluoreszierens. So schafft sie Kunstwerke, welche den Wald in seiner Mystik präsentieren.
Des Weiteren sind eine Klanginstallation von Marcus Maeder und neue Arbeiten des jungen Basler Künstlers Leonardo Bürgi zu sehen.
Unsere märchenhaften Vorstellungen von Wäldern umfassen oft Bilder von mystischen Wesen, verzauberten Lichtungen oder knorrigen Zwerggestalten. Diese Vorstellungen von Wald wurden häufig von Erzählungen geprägt. Die Ausstellung «Denn in den Wäldern sind Dinge…» legt den Fokus auf diese Assoziationen. Der Titel der Ausstellung schafft darum eine direkte Verbindung zur Bedeutung des Waldes in der Literatur. Die Rapperswiler Literaturwissenschaftlerin Daniela Colombo recherchierte und selektierte literarische Waldzitate. In der Ausstellung finden sich – ähnlich dem Entdecken von seltenen Pflanzen und Tieren auf Lichtungen – literarische
Funde zwischen den Kunstwerken.
kzh
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Bild: Marianne Engel, Sporenabdruck Auge, 2023, Sporenabdruck, Nachleuchtpigment, Goldsprays, hinter Glas, 24 x 30 cm – Courtesy by the artist & Kunst(Zeug)Haus Rapperswil-Jona
Kommentare von Daniel Leutenegger