26. März 2025
DIE SCHWEIZER GRAFIKERIN LORA LAMM IST GESTORBEN
Die am 11. Januar 1928 in Arosa geborene Schweizer Grafikerin Lora Lamm Thiessen ist in Zürich gestorben, wie der am 24. März 2025 publizierten Todesanzeige und Beiträgen auf «Facebook» zu entnehmen ist. Lora Lamm studierte von 1946 bis 1951 Grafik unter anderen bei Johannes Itten, Ernst Keller und Ernst Gubler an der Kunstgewerbeschule Zürich. Nach dem Studium und ersten Anstellungen zog es sie ins wirtschaftlich boomende Mailand der Nachkriegszeit. Dort begann sie zunächst im Studio Boggeri, in dem auch andere renommierte Schweizer Designer arbeiteten, dann als Verpackungsgestalterin der Firma Panettone Motta Milano. 1954 wechselte sie auf Empfehlung des Schweizer Grafikers Max Huber in die Werbeabteilung des Warenhauses La Rinascente und übernahm wenig später als Vertretung des Chefgrafikers die Gestaltung und Produktion der Hauszeitschrift «Cronache». Innerhalb des renommierten Mailänder Hauses setzte sie schnell ihre eigenen gestalterischen Visionen durch und eroberte ein neues weibliches Publikum für La Rinascente.

Bilder: Lora Lamm – Fotos: © BAK / Gina Folly

Durch ihren originellen Einsatz von Fotografie, Illustration und Typografie – unter anderem inspiriert von grafischen Beispielen internationaler Kaufhäuser in New York oder Tokio – definierte sie bis heute in der Modewelt gültige Bildideen.
Ab 1958 arbeitete Lamm als freie Mitarbeiterin für La Rinascente und das dazugehörige, im unteren Preissektor agierende Kaufhaus Upim. Dies erlaubte ihr, selbständig auch für andere Kunden wie Pirelli, Elizabeth Arden, Niggi oder Latte Milano zu arbeiten.
1963 kehrte Lamm nach Zürich zurück und trat wenig später als Partnerin in die Werbeagentur Frank C. Thiessing ein.
Bundesamt für Kultur (BAK), Grand Prix Design 2015

Bilder: Lora Lamm – Fotos: © BAK / Gina Folly

Lora Lamm gehörte in den 1950er-Jahren zu den innovativsten Grafikerinnen und Grafikern
Das Mailänder Klima jener Jahre war vom wirtschaftlichen Aufschwung ebenso geprägt wie von einer offenen, progressiven Geisteshaltung. Viele Unternehmen etablierten einen weit gefassten Begriff von visueller Kommunikation, der ästhetische und ethische Werte verband. Schweizer Grafiker waren an diesem Prozess entscheidend beteiligt, Lora Lamm aber gelang es als einziger Frau, in diesem Umfeld beruflich zu reüssieren.
La Rinascente, ein modernes Warenhaus für die gehobene Kundschaft, verfügte schon über ein integrales Erscheinungsbild, entworfen von Max Huber. Lamm nutzte jedoch geschickt den gestalterischen Spielraum. Anregung fand sie in internationalen Zeitschriften und dem «Art Director’s Annual», aber auch bei ähnlich ausgerichteten Kaufhäusern in New York oder Tokio. Ihre Werbestrategie richtete sich gezielt an die selbstbewusste, weltoffene Frau, die über ein eigenes Haushaltsbudget verfügte.
Lamm entwickelte eine ebenso poetische wie humorvolle visuelle Sprache, die von ihren skizzenhaften Illustrationen lebt. Die Typografie integrierte sie dabei stets sorgfältig in die Gesamtkomposition. Lamm entwarf auch komplexe Kampagnen für thematisch ausgerichtete Verkaufsausstellungen. Für «Il Giappone» von 1956 verband sie konstruktivistische Ansätze mit japanischer Reduktion und liess sich dabei von der strengen, durch Paravents gegliederten Ausstellungsszenografie und den klassischen japanischen Lackfarben inspirieren. Das Köpfchen der japanischen Nationalpuppe funktioniert als Blickfänger.
Charakteristisch für die Arbeiten Lamms ist auch das lustvolle Zusammenspiel von Illustration und fotografischen Versatzstücken. Ein Kleinplakat von 1960 für Pirelli zeigt eine fröhliche junge Frau auf dem Sozius eines Rollers, das Ersatzrad ist eine fotografische Montage.
Nach ihrer Rückkehr in die Schweiz verwarf Lamm bewusst ihren illustrativen Ansatz, da sie keinen Stil prägen, sondern Werbung machen wollte. Einzig ein Plakat für die Grossmetzgerei Bell erinnert an ihre Arbeiten für La Rinascente.
Die zeitlose Originalität von Lamms Entwürfen für La Rinascente verhalfen ihr nach 2000 zu neuer Bekanntheit. In diesen verbinden sich rationales Kalkül und formale Strenge mit der undogmatischen Haltung des italienischen Designs und dem spielerisch-humorvollen Stil englischsprachiger Länder.
Werke in institutionellen Sammlungen (Auswahl): Zürich, Museum für Gestaltung (Vorlass); Chiasso, m.a.x. museo
Bettina Richter: «Lora Lamm». In: SIKART Lexikon zur Kunst in der Schweiz, 2022
https://recherche.sik-isea.ch/sik:person-11974676/in/sikart

Bild: Lora Lamm, «Tutti in acqua», 1956, © Museum für Gestaltung Zürich, Plakatsammlung / Grafiksammlung

Bild: © Lora Lamm, «La moda si diffonde con – la Rinascente», ca. 1960 – Collezione: © Museum für Gestaltung Zurigo, MfGZ
Nach einer Ausbildung an der Kunstgewerbeschule Zürich unter anderem bei Johannes Itten, Ernst Keller und Ernst Gubler und einer kurzzeitigen Arbeit bei einem Werbegrafiker in Zürich übersiedelte Lora Lamm 1953 nach Norditalien
In Mailand arbeitete sie in der von Antonio Boggeri gegründeten Werbeagentur unter anderem mit Max Huber zusammen und gestaltete für bekannte Unternehmen wie Pirelli, Roche und Motta. Ihr erster Auftrag war ein Verpackungsdesign für Motta. Seit 1954 arbeitete sie in der Werbeabteilung der eleganten Kaufhauskette La Rinascente, die für ihre besonderen Printmedien bekannt war und gestaltete 1956 eine Verkaufsaktion für japanische Waren. Sie war für die Gestaltung und Produktion der Hauszeitschrift «Cronache» zuständig. Sie folgte 1958 Huber als Artdirector bei Rinascente und arbeitete als freie Mitarbeiterin für die Kaufhauskette und das dazugehörige, im unteren Preissektor agierende Kaufhaus Upim.
Lamm arbeitete auch für Pirelli, Elizabeth Arden, Niggi, Latte Milano. 1963 kehrte sie mit ihrem Lebens- und Arbeitspartner Frank C. Thiessing in die Schweiz zurück, wo sie in Zürich eine Agentur betrieben. Ihre Auftraggeber stammten aus Italien, den USA, Deutschland und der Schweiz.
Lamm wurde für ihre Arbeiten mehrfach ausgezeichnet. Zu ihrem 85. Geburtstag wurde 2013 eine Ausstellung der Arbeiten der italienischen Jahre im m.a.x.museo in Chiasso ausgerichtet, ihre späteren, weniger spektakulären Arbeiten in der Schweiz harren noch der Erschliessung. SRF widmete ihr anlässlich der Ausstellung eine Sendung. 2018 zeigte die Triennale di Milano Werke, die sie für Pirelli schuf.
https://de.wikipedia.org/wiki/Lora_Lamm
https://creativecommons.org/licenses/by-sa/4.0/deed.de

Bild: Lora Lamm, «Rolle – Pirelli», 1961, © Museum für Gestaltung Zürich, Plakatsammlung / Grafiksammlung
Das ausserordentliche Talent der Lora Lamm
In den fünfziger Jahren machte Lora Lamm mit visionären Arbeiten auf sich aufmerksam. 2015 erhielt die Grafikerin dafür den Schweizer Grand Prix Design.
Mehr als Andy Warhols vielzitierte 15 Minuten Ruhm waren es schon. Doch gemessen an der langen Karriere Lora Lamms, nehmen sich die gerade einmal zehn Jahre zwischen ihrer Ankunft im pulsierenden Mailand, wo sie eine gewisse Prominenz erlangen sollte, und der Rückkehr nach Zürich eher bescheiden aus. Massgebend ist jedoch nicht, wie lange sie tatsächlich im Rampenlicht stand, sondern die Wirkung, die bis heute von der Arbeit ausgeht, welche die Schweizer Grafikerin von 1953 bis 1963 für das Warenhaus La Rinascente, den Reifenhersteller Pirelli, die Kosmetikfirma Elizabeth Arden und andere renommierte Kunden realisiert hat.
David Streiff Corti, 2019
«Bellevue», «NZZ»

Bild: Plakat «Bell» von Lora Lamm, 1956 – © Museum für Gestaltung Zürich – Foto: Zürcher Hochschule der Künste / Museum für Gestaltung Zürich / Plakatsammlung

Bild: Plakat «CYNAR – der Aperitif aktiver Menschen» von Lora Lamm, 1962-1964 – © Museum für Gestaltung Zürich – Foto: Zürcher Hochschule der Künste / Museum für Gestaltung Zürich / Plakatsammlung
Addio cara #LoraLamm
Un onore conoscerti 10 anni fa, avevi 87 anni, e parlare insieme del tuo bellissimo e insolito percorso: star della grafica a 30 anni a Milano, professionista a Zurigo per altri 45 anni, e sposa del tuo collega Frank a 76.
Sempre gioiosa e curiosa, sempre a nuotare nelle gelide acque del lago di Zurigo, in ogni stagione. Avevi nel 2015, dopo la morte di Frank, il progetto di trasferirti nella residenza per anziani più sportiva e ben gestita di tutta Zurigo, e portarci solo le cose più care. Disfarti di quasi tutti i tuoi oggetti e lavori assegnandoli a musei, amici e colleghi fu un altro, nuovo, progetto. Ciao, Lora.
Chiara Medioli
https://www.facebook.com/chiara.medioli
Videos:
Lora Lamm im Gespräch – Grafikdesignerin: Beruf und Berufung
Il m.a.x. museo visto da Lora Lamm – Rete MAM
Le 4 stagioni 2° Lora Lamm la Rinascente di G.Caporini e M.Russo x Seminario Comunicare prof. Scalzo
Lora Lamm, Grand Prix Design 2015 – Interview: Martin Roth – Video: Studio Roth&Maerchy, Zürich
Mehr:
https://www.todesanzeigenportal.ch/todesanzeige/Thiessing/Lora/Lamm/Lamm/
https://www.admin.ch/gov/de/start/dokumentation/medienmitteilungen.msg-id-56851.html
https://www.emuseum.ch/people/12231/lora-lamm
https://www.emuseum.ch/exhibitions/1787
https://www.srf.ch/kultur/kunst/kunst-lora-lamm-die-unbekannte-design-pionierin
https://www.eyemagazine.com/feature/article/a-breath-of-fresh-air
https://en.wikipedia.org/wiki/Lora_Lamm
https://fr.wikipedia.org/wiki/Lora_Lamm
https://it.wikipedia.org/wiki/Lora_Lamm
https://de.wikipedia.org/wiki/Lora_Lamm
Auf ch-cultura.ch u.a. erschienen:

Bild: Lora Lamm, «Saldi», 1957, © Museum für Gestaltung Zürich, Plakatsammlung / Grafiksammlung
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Kommentare von Daniel Leutenegger