6. Dezember 2025
«LAVA-MENSCH. GESCHICHTEN AUS DEM ERDINNERN»
Ausstellung Graphische Sammlung ETH Zürich, bis am 8. März 2026

Bild: © U5, Lava-Being, 2017, Zeichnung und diverse Materialien auf Karton, 36 × 26 cm

Bild: © Dieter Roth, Vulkan, 1973, Kaltnadel, 50.7 × 65.5 cm, Inv.-Nr. D 1314, Graphische Sammlung ETH Zürich (Jahresgabe SGG)
Vulkane faszinieren und erschrecken zugleich. Weder tot noch lebendig, prägen sie die Landschaften und die menschliche Fantasie. Ihre Eruptionen können Städte zerstören und zugleich die Erde fruchtbar machen.
Die Beziehung zwischen Mensch und Vulkan steht in der Ausstellung «Lava-Mensch. Geschichten aus dem Erdinnern» der Graphischen Sammlung ETH Zürich im Mittelpunkt. Vulkan-Darstellungen aus verschiedenen Jahrhunderten werden durch Bilder der mythologischen Figur Vulkan ergänzt. Dadurch ist ein faszinierendes Kaleidoskop entstanden, das aufzeigt, wie sich die Erforschung, Vorstellung und Wahrnehmung des Vulkans im Laufe der Jahrhunderte verändert.

Bild: Georg Heinrich Busse, Ansicht der Stadt Pompeji mit dem Ausbruch des Vesuvius, um 1846 , Radierung, 43.3 × 60.7cm, Inv.-Nr. D 1126 , Graphische Sammlung ETH Zürich
Seit je her ziehen Vulkane Reisende und Forschende an. Schon im 17. Jahrhundert fingen Wagemutige an, sie zu besteigen, um neue Erkenntnisse zu gewinnen. Eine intensivere Beschäftigung begann, als im 18. und frühen 19. Jahrhundert die begüterte Gesellschaft ihre Bildungsreise durch Europa unternahm, wobei ein Halt am Fusse des Vesuvs und in Pompeji dazu gehörte.
Wie in der Ausstellung zu sehen ist, beflügelte dies eingewanderte und lokale Künstler:innen. Sie begannen, den Vulkan in Bildern – in sogenannten Veduten – festzuhalten und sie den Tourist:innen zu verkaufen, so etwa Jakob Wilhelm Huber (1787-1871). Fast zeitgleich machte sich der deutsche Arzt, Künstler und Naturforscher Franz Wilhelm Junghuhn (1809-1864) nach Java auf, jedoch mit einem anderen Ziel. Er verzeichnete dort Flora und Fauna, kartografierte das Land und erforschte die dortigen Vulkane.

Bild: Franz Wilhelm Junghuhn, Gunung Merapi, aus: «Java-Album, Landschaftsansichten von Java, nach der Natur aufgenommen», 1856, Lithographie, 37.5 x 52.5 cm (Blatt), Leipzig: Arnoldische Buchhandlung, Institut gta, Departement Architektur, ETH Zürich
Junghuhn, aufgrund seiner Forschungen bald «Humboldt von Java» genannt, inspirierte knapp 200 Jahre später Philip Ursprung, ETH-Professur für Kunst- und Architekturgeschichte und Alex Lehnerer, ETH-Professor für Architektur, und ihr Team. Zwischen 2015 und 2017 reisten sie von Singapur aus zu 17 Vulkanen auf Java, um ihre Wirkung auf die Umgebung, die Wirtschaft und die Kultur zu untersuchen.
An das Projekt «17 Volcanoes» knüpft die Ausstellung in der Graphische Sammlung ETH Zürich an und entwickelt das Thema weiter. Werke aus eigenem Bestand bilden den Ausgangspunkt – nebst Hubers Veduten sind eindrückliche Druckgraphiken zur mythologischen Figur Vulkan aus früheren Jahrhunderten zu entdecken. Eine Preziose sind die Darstellungen von Domenico Beccafumi (1484-1551), die für die bedeutendste frühneuzeitliche Publikation über Berg- und Hüttenkunde, «De la Pirotechnia» (1540) entstanden sind. Auch wenn seine Holzschnitte ursprünglich in einem Fachbuch publiziert wurden, so zeigen sie den Vulkan immer noch als Figur und bezeichnen damit den Übergang von mythologischen Darstellungen hin zu Forschungsbildern.

Bild: Anonym, Ansicht eines Vulkans auf einer der Aleuteninseln, 1820, Lithographie, koloriert, 27 × 36 cm, Inv.-Nr. D 29810, Graphische Sammlung ETH Zürich
In der Ausstellung sind ebenso Werke des 20. und 21. Jahrhunderts vertreten, wie etwa die Druckgraphik «Vulkan» (1973) von Dieter Roth (1930-1998), in der er Figur und Berg untrennbar miteinander verquickt oder eine Darstellung von Alexandra Navratil (geb. 1978), die auf einem historischen Film zum Vulkanausbruch Krakatau von 1930 fusst und zugleich das Thema des Kolonialismus aufgreift.

Bild: © Alexandra Navratil, Krakatau, 1930/2, 2021, Heliogravüre, 75.8 × 55.5 cm, Inv.-Nr. 2023.55.2, Graphische Sammlung ETH Zürich
Ergänzt werden solche Werke von Leihgaben. Zum einen das lithographische Java-Album (1856), mit dem Junghuhn der europäischen Öffentlichkeit Java erschloss. Zum anderen etwa eine Zeichnung von Rosa Barba (geb. 1972), die sie mit Hilfe eines Seismografen künstlerisch umgesetzt hat oder von Werken des Künstlerinnenkollektivs U5, in dem unter anderem die Figur des Lava-Menschen entstanden ist. U5 und weitere vertretene Künstler:innen wie etwa Armin Linke (geb. 1966) oder Bas Princen (geb. 1975) waren mit Ursprung und Lehnerer auf Expedition. Ihre Fotografien zeugen von einer zeitgenössischen Auseinandersetzung mit dem Vulkan vor Ort sowie der kritischen Reflexion der Kolonialgeschichte und der Ausbeutung von vulkanischen Ressourcen. Die Ausstellung verbindet somit durch die Werkauswahl Gegenwart mit Vergangenheit, Architektur mit Geologie, Kunst mit Wissenschaft und Fakten mit Imagination.
Kuratorisches Team:
Linda Schädler, Leiterin Graphische Sammlung ETH Zürich
Berit Seidel, Künstlerin und Architektin
Philip Ursprung, Professor für Kunst- und Architekturgeschichte am
Institut für Geschichte und Theorie der Architektur der ETH Zürich
gta
Kontakt:

Bild: Armin Linke , Kawah Ijen Volcano, Biau (Jawa Timur), Indonesia 2016, Fotografie, 50 x 60 cm © Armin Linke
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Kommentare von Daniel Leutenegger