10. Februar 2025
«TEXTILE MANIFESTE – VON BAUHAUS BIS SOFT SCULPTURE»
Ausstellung im Museum für Gestaltung, Ausstellungsstrasse, Zürich, vom 14. Februar bis am 13. Juli 2025 - Vernissage am Donnerstag, 13. Februar 2025, 19 Uhr

Bild: Sophie Taeuber-Arp, Kissenplatte, 1916, Foto: FX.Jaggy & U.Romito,
Museum für Gestaltung Zürich / ZHdK, gemeinfrei
In der grossen Halle des Museums für Gestaltung Zürich entfaltet sich ab Mitte Februar 2025 Textiles als künstlerisches Ausdrucksmittel. Ob gewebt, gestickt, appliziert oder getuftet: facettenreich vernetzen sich rund 60 Positionen in der Ausstellung «Textile Manifeste». Sie formulieren Bekenntnisse und stellen Forderungen. Sie mahnen zur Fürsorge und schaffen wärmend Geborgenheit. Sie zeugen von kollektiver Arbeit und individueller Verwirklichung, rufen Erinnerungen wach, lösen Gefühle aus und sind Mittel, sich selbst auszudrücken.
Ausgewählte kunstgewerbliche Objekte wie Teppiche, Tapisserien und Decken begegnen im Museum für Gestaltung Zürich frei in den Raum wuchernden Arbeiten, die der Welt der Skulpturen angehören. Verspielte Fransen treffen auf strenge Linien, Flächen auf Volumen, Transparenz auf blickdichte Verarbeitung.

Bild: Gertrud Arndt, Flügeldecke, 1927, Foto: May Voigt, © bpk / Kunstsammlungen Chemnitz
Die aus dem Detail erarbeiteten Exponate und Einblicke in die biografischen Bezugspunkte der Kunstschaffenden offenbaren dem Publikum starke künstlerische Haltungen. Durch das weiche Material und textile Techniken verbunden, verweben sich die versammelten Werke zu einem expressiven Gesamterlebnis.
Eine bunte und vielfältige Welt – chronologisch geordnet
Die Mittelachse der grossen Halle an der Ausstellungsstrasse lädt zur Wanderung durch die chronologisch angelegten Phasen der jüngeren Geschichte der Textilkunst ein, von aktuellen Positionen zurück bis zum Bauhaus. Die deutsche Künstlerin Ulrike Kessl nimmt die Besuchenden mit der ortsspezifischen Arbeit Nylons in Space aus farbigen Strumpfhosen für die Sache der Textilkunst ein, flankiert von Christoph Heftis und Caroline Achaintres flauschigen tierischen Kreationen. Dominique Lanz gibt dem verdrängten textilen Müll der Fast Fashion mit bearbeiteten Restpostenstoffen eine beunruhigende neue Form.
Die Sicht durch die Ausstellungshalle zeigt Schichten von poetischen Fahnen und Gespinsten von Lisbeth Burri und Verena Sieber-Fuchs. Rein mit Kettfäden agierende Arbeiten Elsi Giauques stehen für die Gleichsetzung von Textilkunst und gebauten Strukturen. Nach figurativen symbolischen Szenen der Nachkriegszeit wechseln sich in der Sphäre des Bauhauses Handweberei und Vorlagen für die industrielle Herstellung ab, mit Protagonist:innen wie Gunta Stölzl und Anni Albers. Vielstimmige Audiokommentare erschliessen einzelne Themen wie die aktuelle Blüte der Textilkunst oder die Entwicklung der Fiber Art weg von der Wand in den späten 1960ern.

Bild: Doris Stauffer-Kloetzer, Wandbehang 2, 1957, Foto: Umberto Romito & Ivan Šuta, Museum für Gestaltung Zürich / ZHdK

Bild: Elsi Giauque / Käthi Wenger, Colonne en couleurs qui chantent, 1966/1967, Foto: Umberto Romito & Ivan Šuta, Museum für Gestaltung Zürich / ZHdK, © Jan Andry

Bild: Teresa Byszewska, Dame rouge, 1967, Foto: Umberto Romito & Ivan Šuta, Museum für Gestaltung Zürich / ZHdK, © unbekannt
Schöpferische Parolen
Auf den Seiten verbindet eine Abfolge von Kapiteln Akteur:innen über Generationen hinweg unter einer schöpferischen Parole. Social Fabric etwa zeigt variantenreich Arbeiten zum sozialen Geflecht, von Talaya Schmids Seufz-Installation Meet Me Here bis Corinne Odermatts One Day We Will Part als explosivem Abgesang auf die Liebe. Im Kapitel Trompe l’œil sorgt Victor Vasarely im Spiel zwischen Positiv und Negativ für bewegtes Flimmern, und Lili Binder-Wipf täuscht gebaute Dreidimensionalität vor. Stay fluid verwirft mit Marie Schumann die formale Norm und lässt mit Constanza Camila Kramer Garfias das beinahe Monströse zu.
Das Lernen und Schaffen der ehemaligen Textilklasse der Kunstgewerbeschule (heute ZHdK) wird in deren kollektiver Webkunst zum Manifest. Das Studiolo wiederum schaut im 150-Jahr-Jubiläum des Museums mit Katalogen und Plakaten in dessen Tradition textiler Ausstellungen.

Bild: Victor Vasarely, Capella, 1970, Foto: Marlen Perez, Museum für Gestaltung Zürich / ZHdK, © Pierre Vasarely

Bild: Moik Schiele, All, ca.1977, Foto: FX.Jaggy & U.Romito, Museum für Gestaltung Zürich / ZHdK, © Katrin Walser

Bild: Masakazu Kobayashi, Wind, 1979, Foto: Umberto Romito & Ivan Šuta, Museum für Gestaltung Zürich / ZHdK, © Masakazu Kobayashi
In der Vermittlungszone kreiert das Publikum mit Stoffresten, Garn und Stift persönliche Textile Geschichten, die im Ausstellungsraum zur gemeinschaftlichen Collage anwachsen. Die versammelten Exponate bieten ein aussergewöhnliches Sehvergnügen. Das Spektrum möglicher Betrachtungen erweist sich dabei als offen. Manifeste wollen gelesen, können aber auch interpretiert werden.
Kuratiert von Sabine Flaschberger, Kuratorin Kunstgewerbesammlung Museum für Gestaltung Zürich
mfg
Kontakt:
https://www.museum-gestaltung.ch/de

Bild: Rafael Kouto, All the nothing that will remain, 2017, Foto: Umberto Romito & Ivan Šuta, Museum für Gestaltung Zürich / ZHdK, © Rafael Kouto

Bild: Corinne Odermatt, There’s a Crack in Everything, 2021, Foto: Carlos Isabel García, © Corinne Odermatt
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Kommentare von Daniel Leutenegger