13. Oktober 2025
«WENN BERGE RUTSCHEN – GLARNER:INNEN REDEN ÜBER DEN WANDEL»
Ausstellung im ALPS - Alpines Museum der Schweiz, Bern, Raum Biwak, vom 18. Oktober 2025 bis am 19. April 2026

Bild: Glarner Bergpanorama – Foto: © Gabriel Herter-unsplash

Bild: Absperrung bei Brienz (GR) nach dem Bergsturz von 2023 – Foto: © Arnd Wiegmann
Berge rutschen, Dörfer, Wege und Gewissheiten geraten in Bewegung. Was machen die offensichtlichen Veränderungen in der Bergwelt mit uns?
«Wenn Berge rutschen» gibt sechzehn Glarner Bergbewohner:innen eine Stimme. Das ALPS Alpine Museum der Schweiz zeigt die Ausstellung eines Projektteams rund um das Kollektiv Sito im Raum Biwak und erweitert sie mit Veranstaltungen zu den jüngsten Ereignissen und aktuellen Fragen.
«Es ist ungerecht, es erwischt nicht alle gleich», hören wir einen Politiker an der Hörstation sagen. Für die einen sei es nur eine gemietete Garage oder ein Ferienhaus – «für andere ist es das Leben». Vom Leben in der Bergregion erzählen ein Schafbauer, eine SAC-Hüttenwartin, ein Tourismusexperte sowie ein Dutzend weitere Glarner:innen. Es ist durch tauenden Permafrost, Murgänge, Erdrutsche und ausbleibenden Schnee bedroht. Ihre Geschichten zeichnen ein vielschichtiges Bild der Gegenwart: Es geht um Verlust, Unsicherheit und Anpassung, aber auch um Fragen, Wünsche, Hoffnungen und neue Perspektiven – dieses Erleben, Erfahren und Verarbeiten geht weit über das Lokale hinaus, es betrifft uns alle. Das Projektteam um das Sito Kollektiv schafft aus diesen suchenden Stimmen literarische Verdichtungen und präzise Bilder des gemeinsamen Nachdenkens über den Wandel.

Bild: Brienz (BE) nach dem Unwetter im August 2024 – Foto: zVg Gemeinde Brienz
Von der Aktualität eingeholt
Noch in der Vorbereitungsphase der Ausstellung im ALPS erhielt das Thema durch den Bergsturz von Blatten akute Aktualität. Neben viel Mitgefühl wuchs auch in mittelländischen, urbanen Gebieten das Bewusstsein dafür, welche Orte zum Beispiel im Kanton Bern direkt bedroht sind. Oder wie sich das «Z’Bärg ga» durch die notwendige Umleitung von Wanderwegen oder das Schliessen einzelner Hütten zunehmend verändert.
Das ALPS nimmt solche Fragen im begleitenden Veranstaltungsprogramm auf. So spricht ein Bewohner von Brienz (BE) darüber, wie es ist, in der «Gefahrenzone» zu leben (04.11.25). Mit dem SAC diskutiert das ALPS darüber, wie sich Alpinismus und Wanderkultur anpassen oder neu erfinden müssen (26.03.26), und mit Werner Bellwald, der in Blatten sein Museum des Alltags und Wandels verlor, über die Rolle der Kultur beim Neuanfang im Tal (03.03.26). In einem Schreibworkshop mit der Autorin Renata Burckhardt schliesslich können Ausstellungs-Besucher:innen eigenen Erlebnissen und Gedanken Ausdruck verleihen (03.12.25).

Bild: Bergsturz am Bietschhorn auf Blatten – Foto: © Bundesamt für Landestopografie, swisstopo
Hintergründe zum Projekt
Stimmen aus dem Glarnerland. Eine literarische Annäherung an das gemeinsame Suchen nach Worten.
Die Stimmen, die in der Ausstellung «Wenn Berge rutschen» zu hören sind, gehören Glarner:innen; sie lesen – stellvertretend für andere – eine Auswahl von Kurztexten vor. Die Worte, die sie sprechen, sind nicht ihre eigenen. Sie basieren auf zahlreichen Gesprächen mit unterschiedlichen Menschen aus dem Glarnerland. In mehreren Workshops wurden aus den Gesprächen Hörstücke entwickelt, diese erprobt, diskutiert und verdichtet.
Bei diesem gemeinschaftlichen Prozess stand das Zuhören im Mittelpunkt. Das sich Einfühlen in andere Perspektiven, das Aushalten von Widersprüchen, das Teilen von Unsicherheit.
In der Ausstellung laden die Hörstücke zum gemeinsamen Nachdenken und Austauschen ein. Die Hörstücke sind Ergebnis eines langen Prozesses, und zugleich ein Zwischenstand einer Diskussion, die weitergeht. Ursprünglich als Literatur- und Vermittlungsprojekt angelegt, stand am Anfang des Projektes die Frage, warum wir Menschen viel über den Klimawandel sprechen und doch wenig ins Handeln kommen.
Die Ausstellungsmacher:innen schreiben: «Uns interessierte, was Unsicherheit mit uns Menschen macht und wie sie Einzug in unsere Sprache hält. Wie finden wir einen Umgang mit Ängsten und Gefahren? Und wie legen wir uns die Gegenwart und Zukunft mit Worten zurecht? Glarus bot dafür eine spannende Vorgeschichte. Die beiden historischen Ereignisse – der Bergsturz in Elm und die Rutschungen am Kilchenstock – wurden von den beiden Autoren Franz Hohler (‹Die Steinflut›) und Emil Zopfi (‹Kilchenstock. Der Bergsturz in den Köpfen›) literarisch verarbeitet. Die Werke über den Umgang mit Naturgefahren geben dem Erzählen, Zweifeln, Widersprechen, Verheddern und Hoffen eine sprachliche Form und sind heute, mitten in der Klimadebatte, erschreckend aktuell. Sie bildeten den Ausgangspunkt unserer Gespräche im Glarnerland: von Elm bis Linthal, vom Berg zur Stadt, mit Alteingesessenen und Zugezogen, Politiker:innen, Landwirt:innen, dem Pfarrer, einem Förster, mit Schneeexpert:innen, Bergliebhaber:innen und einer Hüttenwartin. Die Stimmen in den Hörstücken sprechen nicht für Einzelne – sie sprechen für uns alle. Vielleicht liegt darin eine Erkenntnis – und eine Hoffnung: Die Zukunft gelingt nur gemeinsam.»
Das Projektteam Sito Kollektiv:
Brigit Rufer, Fjolla Rizvanolli, Daniel Hobi
mit Heinrich Lüber und Renata Burckhard
Zum vollständigen Programm:
https://alps.museum/veranstaltungen
Kontakt:
https://alps.museum/ausstellungen/wenn-berge-rutschen

Bild: Zustieg zur Monte-Rosa-Hütte – Foto: © SAC 2016, David Schweizer
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Kommentare von Daniel Leutenegger