14. November 2025
KULTUR- UND FREIZEITVERHALTEN IN DER SCHWEIZ: «RÜCKZUG INS PRIVATE NACH DER PANDEMIE»
Im Jahr 2024 gingen die Besuche in Kultureinrichtungen und die Freizeitaktivitäten ausserhalb der eigenen vier Wände im Vergleich zu 2019 zurück. Die grosse Ausnahme waren Festivals. Nahezu 80% der Bevölkerung würden gerne mehr Kulturbesuche unternehmen, sehen sich jedoch vor allem durch Zeit- und Geldmangel eingeschränkt. Individuellere Freizeitbeschäftigungen sind im Aufschwung: Digitale Tätigkeiten sowie kreative Hobbys im Amateurbereich haben stark zugenommen, insbesondere bei den 15- bis 29-Jährigen. Das Bundesamt für Statistik (BFS) zeichnet erstmals ein Bild des postpandemischen Kultur- und Freizeitverhaltens in der Schweiz. Es stellt einen «Rückzug ins Private nach der Pandemie» fest.

Bild: © BFS, Kultur- und Freizeitverhalten in der Schweiz, https://www.bfs.admin.ch/bfs/de/home/aktuell/neue-veroeffentlichungen.assetdetail.36186984.html
Die im Fünfjahresrhythmus durchgeführte Erhebung zur Sprache, Religion und Kultur (ESRK) zeigt, dass die Besuche in Kultureinrichtungen – nach einer stabilen Phase zwischen 2014 und 2019 – im Zuge der Pandemie deutlich zurückgingen. Die Anteile der Bevölkerung, die Museen und Ausstellungen oder Tanz- bzw. Ballettaufführungen besuchten, verringerten sich zwischen 2019 und 2024 markant um 6 Prozentpunkte, bei den Konzert- und Kinobesuchen waren es sogar 7 Prozentpunkte. Denkmäler und historische Stätten sowie Bibliotheken konnten ihre Position halten.
Weniger an Festen, mehr an Festivals
Ein ähnlicher Trend ist bei den Freizeitaktivitäten ausserhalb des eigenen Zuhauses festzustellen. Treffen mit Freundinnen und Freunden, Wandern und Sporttreiben erfreuen sich trotz eines geringfügigen Rückgangs um einige Prozent weiterhin grosser Beliebtheit (rund 90% der Bevölkerung). Grosse Stadtfeste wie die Street Parade (–7 Prozentpunkte), Dorf-, Quartier- oder Vereinsfeste (–8 Prozentpunkte) oder traditionelle Feste (–11 Prozentpunkte) wurden 2024 dagegen weniger besucht als noch 2019. Besonders ausgeprägt sind diese Rückgänge bei den 15- bis 29-Jährigen. Nachtclubs haben seit 2014 und insbesondere nach der Covid-19-Pandemie ein Fünftel ihres Publikums eingebüsst.
Die grosse Ausnahme sind Festivals, deren Erfolg auch nach der Pandemie nicht abreisst: Der Anteil der Festivalbesuchenden stieg von 38% im Jahr 2014 auf 47% im Jahr 2019 und erreichte 2024 gar 52%. Den Spitzenplatz belegen Stadtfestivals mit mehreren Kunstformen (30%), gefolgt von Rock- und Popmusikfestivals (28%), Theater- und Tanzfestivals (15%) sowie Filmfestivals (12%). Ein Viertel der Bevölkerung (25%) besuchte eine Museumsnacht.
Amateurkultur und digitale Aktivitäten im Trend
Seit der Pandemie, die einen gewissen Rückzug ins Private begünstigte, sind individuelle kulturelle und kreative Aktivitäten im Amateurbereich sprunghaft angestiegen. 2024 betätigten sich 33% der Bevölkerung in der Amateurfotografie (+8 Prozentpunkte gegenüber 2019), 27% zeichneten oder malten (+6 Punkte bzw. +11 bei den 15- bis 29-Jährigen), 15% töpferten (+5 bzw. +11 Punkte) und 14% tanzten. Dieser letzte Wert ist nahezu 75% höher als vor der Pandemie – in der jungen Bevölkerung tanzt gar jede fünfte Person.
Digitale Hobbys gewinnen weiter an Fahrt, aber nicht die Oberhand. 2024 sahen sich 50% der Bevölkerung Filme kostenpflichtig per Video-on-Demand (VoD) an und 66% riefen Filme kostenlos im Internet ab, während 60% weiter ins Kino gingen. Obwohl immer mehr Menschen Musik über zahlungspflichtige Streamingplattformen hören (47%), bleibt das Radio der meistgenutzte Kanal (81%).
Im Allgemeinen wurde 2024 weniger gelesen als 2019 (–5 Prozentpunkte). Die Anzahl der E-Book-Nutzenden hat sich innert zehn Jahren verdoppelt (2014: 12%; 2024: 24%), doch die Hälfte der Bevölkerung bevorzugt für die Freizeitlektüre gedruckte Bücher.
Acht von zehn Personen wünschen sich mehr Kulturbesuche
Rund die Hälfte der Bevölkerung möchte häufiger Museen, Ausstellungen oder Denkmäler besuchen, 56% hätten Lust auf mehr Konzerte, Theater- oder Tanzaufführungen und 62% – bzw. sogar 75% bei den 15- bis 29-Jährigen – würden gern öfter ins Kino gehen. Insgesamt äussern 79% der Bevölkerung den Wunsch nach mehr Kulturbesuchen.
Die am häufigsten genannten Hindernisse waren Zeitmangel (50%) und unzureichende finanzielle Mittel (29%). 18% gaben an, keine Lust zu haben, auszugehen, und für 16% ist das Kulturangebot zu weit entfernt.
Quelle / Mehr / Kontakt:
https://www.bfs.admin.ch/news/de/2025-0331
Video:
Kulturverhalten in der Schweiz nach Covid – Les pratiques culturelles en Suisse depuis le Covid
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Kommentare von Daniel Leutenegger